Restnutzungsdauer Gutachten

Gutachten über Restnutzungsdauer: So sichern Sie sich höhere Immobilien-Abschreibungen

Nicht immer schätzt das Finanzamt die Restnutzungsdauer einer Immobilie realistisch ein. In diesem Fall hilft ein Restnutzungsdauer-Gutachten. Was das Gutachten enthalten sollte und wer es erstellen darf. Ein Überblick.

Autor: ES Redaktion und Experten | Zuletzt geändert: 27.10.2024 | Lesezeit: 26 Minuten | Drucken

Restnutzungsdauer Gutachten

Restnutzungsdauer-Gutachten: Was ist das?

Restnutzungsdauer

Wie lange erfüllt eine Immobilie ihren Zweck? Eine kürzere Restnutzungsdauer erhöht die Abschreibung des Gebäudes und spart aufgrund der höheren Abschreibungen Steuern. Das Finanzamt verlangt als Nachweis ein Gutachten.

Mit einem Restnutzungsdauer-Gutachten weisen Immobilieneigentümer in ihrer Steuererklärung nach, dass ihre Immobilie ihren Zweck deutlich kürzer erfüllt, als vom Finanzamt pauschal angenommen. Ein Restnutzungsdauer-Gutachten (auch Bausubstanzgutachten oder Nutzungsdauergutachten) belegt demnach die verbleibende Lebensdauer einer Immobilie ab Kaufdatum.

Die Restnutzungsdauer hat vor allem Relevanz bei vermieteten Immobilien

Daniela Karbe-Geßler, Rechtsanwältin, Steuerabteilungsleiterin beim Bund der Steuerzahler Deutschland.

Daniela Karbe-Geßler, Rechtsanwältin, Expertin für Restnutzungsdauer Gutachten

Quelle: Bund der Steuerzahler Deutschland e.V.

„Die Restnutzungsdauer hat vor allem Relevanz bei vermieteten Immobilien“, sagt Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler Deutschland. Denn: „Hier werden Ausgaben als Abschreibungen geltend gemacht.“

Normalerweise werden die Anschaffungskosten einer Bestandsimmobilie über 40 oder 50 Jahre abgeschrieben. Bei jedem Eigentümerwechsel beginnt die Nutzungsdauer erneut, so dass die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes die gesetzlich festgelegte Zeit (zum Beispiel 80 Jahre bei Wohngebäuden) überschreiten kann. Ein Restnutzungsdauergutachten kann das korrigieren, indem es eine kürzere Nutzungsdauer nachweist. So entsteht eine höhere jährliche Abschreibung und damit eine höhere steuerliche Entlastung.

Die Abschreibung ist nur auf den Gebäudewert möglich. Nicht auf das Grundstück. Ein Restnutzungsdauer-Gutachten muss daher die wertmäßige Aufteilung von Grundstück und Gebäude beinhalten.

Lesen Sie hierzu

Erhaltungsaufwand oder Anschaffungskosten bei Immobilien

Grundstück- und Gebäudewert
Mehr zur Aufteilung des Kaufpreises

Rechtlich basiert das Restnutzungsdauergutachten auf den Vorgaben des Einkommensteuergesetzes (Paragraph 7 Absatz 4 ). Dort ist geregelt, dass die Abschreibung an die tatsächliche Nutzungsdauer angepasst werden kann.

So ermitteln Sie die Restnutzungsdauer Ihrer Immobilie

Die Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (Paragraph 11c Absatz 1 ) definiert die Nutzungsdauer als den Zeitraum, in dem ein Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entspricht. Die Restnutzungsdauer bezeichnet somit die Anzahl der Jahre, in denen ein Gebäude noch wirtschaftlich genutzt werden kann. Das heißt: Wie lange die Einnahmen beziehungsweise Mieterträge der Immobilie die Kosten für Instandhaltung und Betrieb übersteigen. Sie kann je nach Alter, Zustand oder rechtlicher Situation variieren.

Immobilienbewertung Gutachten Restwert

Die Immobilienbewertung ist komplex. Für den Nachweis des Restwerts müssen Gutachter umfassende Informationen berücksichtigen, damit das Restwertgutachten akzeptiert wird.

Bei der Ermittlung der Restnutzungsdauer werden verschiedene Faktoren berücksichtigt:

  • das Baujahr und die Bauweise,
  • der technische Zustand, insbesondere die Bausubstanz,
  • die Art der Nutzung,
  • die Lage,
  • die Wirtschaftlichkeit sowie
  • rechtliche Beschränkungen.

Für Wohngebäude im Privateigentum gilt zusätzlich:

  • Wurde das Gebäude vor 1925 fertiggestellt, beträgt die Restnutzungsdauer weniger als 40 Jahre.
  • Bei Gebäuden, die zwischen 1925 und 2022 errichtet wurden, liegt die Restnutzungsdauer unter 50 Jahre.
  • Bei Gebäuden, die ab 2023 fertiggestellt werden, ist eine verkürzte AfA (Absetzung für Abnutzung) nur dann sinnvoll, wenn die Restnutzungsdauer weniger als 33,33 Jahre beträgt.

Die Restnutzungsdauer hängt somit immer auch von der geschätzten Gesamtnutzungsdauer einer Immobilie ab. Diese wird vom Gesetzgeber beziehungsweise den kommunalen Baugutachtern vorgegeben. Bei Wohngebäuden umfasst sie in der Regel 80 Jahre.

Gebäudeart und Restnutzungsdauer

Quelle: Bewertungsgesetz (BewG) Anlage 22  (Stand: August 2024)
Gebäudeart Gesamtnutzungsdauer
Ein- und Zweifamilienhäuser 80 Jahre
Mietwohngrundstücke, Mehrfamilienhäuser 80 Jahre
Wohnungseigentum 80 Jahre
Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke 80 Jahre
Bürogebäude, Verwaltungsgebäude 60 Jahre
Einzelgaragen, Mehrfachgaragen 60 Jahre
Wohnheime, Internate, Alten- und Pflegeheime 50 Jahre
Beherbergungsstätten, Hotels, Verpflegungseinrichtungen 40 Jahre
Betriebs- und Werkstätten, Industrie- und Produktionsgebäude 40 Jahre
Lager- und Versandgebäude 40 Jahre

Mit einem Gutachten zur Restnutzungsdauer erzielen Immobilieneigentümer häufig eine Nutzungsdauer von 20 bis 30 Jahren. Bei sehr alten, unsanierten Immobilien sind auch kürzere Zeiträume und damit höhere Abschreibungssätze möglich. Bei Gewerbeobjekten sind Restnutzungsgutachten bis zu neun Jahren möglich.

Inhalte eines Restnutzungsdauer-Gutachtens

Ein Restnutzungsdauer-Gutachten enthält eine detaillierte Analyse des baulichen Zustands der Immobilie, berücksichtigt Instandsetzungen und Modernisierungen und schätzt die verbleibende Nutzungsdauer ein. Wesentliche Bestandteile sind die technische und wirtschaftliche Bewertung der Immobilie. Auch rechtliche Umstände, die die Nutzungsdauer begrenzen können, gehören dazu.

Wie ein Gutachten aufgebaut werden sollte: „Die Finanzverwaltung hat hierzu bisher keine Vorgaben veröffentlicht“, sagt Daniela Karbe-Geßler. „Es sollten aber alle wesentlichen Punkte, die die Restnutzungsdauer begründen, aufgeführt sein.“

Die Finanzverwaltung hat hierzu bisher keine Vorgaben veröffentlicht

In einem Schreiben  vom 22. Februar 2023 gibt das Bundesfinanzministerium immerhin einige Hinweise. Hier heißt es:

  • Im Rahmen des Nachweises ist der Zustand des Gebäudes in seinen die Nutzungsdauer bestimmenden Elementen (Tragstruktur des Bauwerks) darzustellen und begründet darzulegen, weshalb am Ende der geltend gemachten (kürzeren) Nutzungsdauer voraussichtlich keine wirtschaftlich sinnvolle (anderweitige) Nachfolgenutzung mehr möglich ist und kein Restwert mehr vorhanden ist.
  • Ein Bausubstanzgutachten ist nicht zwingend erforderlich, kann aber hilfreiche Anhaltspunkte zur Beurteilung des Einzelfalls enthalten.
  • Die bloße Übernahme einer Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten ist nicht als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer geeignet.
  • Die Restnutzungsdauer und die Gesamtnutzungsdauer nach der Immobilienwertverordnung (ImmoWertV) entsprechen nicht der tatsächlichen Gesamt- bzw. Restnutzungsdauer eines einzelnen Gebäudes, sondern sind Modellansätze, die nur im Gesamtkontext einer Verkehrswertermittlung zu sachgerechten Ergebnissen führen. Eine isolierte Verwendung der Modelle (…) der ImmoWertV ist nicht sachgerecht.

Ein Restnutzungsdauer-Gutachten umfasst je nach Gebäude 20 bis 30 Seiten. Dies ist abhängig von der Größe des Gebäudes sowie den Ermittlungen des beauftragten Immobilienbewerters.

Die Finanzverwaltung wird die Gutachten auf Plausibilität prüfen

„Die Finanzverwaltung wird die Gutachten auf Plausibilität prüfen“, sagt Daniela Karbe-Geßler. Dafür haben die Finanzämter eigene Sachverständige. „Es kann somit vorkommen, dass ein sogenanntes Gegengutachten vorgelegt wird“, so die Steuer-Expertin.

Gutachterwahl: Wer darf das Restnutzungsdauer-Gutachten erstellen?

Das Bundesfinanzministerium stellt klar, wer ein Restnutzungsdauergutachten ausstellen kann:

  • ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken,
  • ein nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierter Gutachter oder
  • ein zertifizierter Sachverständiger für die Bewertung von Immobilien und Grundstücken. Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler sollte es sich dabei um einen Sachverständigen mit IHK-Zulassung handeln.

Viele Finanzämter akzeptieren Restnutzungsdauergutachten nur, wenn der Gutachter das zu bewertende Objekt oder Grundstück tatsächlich besichtigt hat.

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Kosten von Restnutzungsdauer-Gutachten: 3 Anbieter im Vergleich

Quelle: Recherchen IMMO.info im August 2024
Anbieter Adresse Umfang des Gutachtens Ortstermin Preise (inkl. MwSt.)

Nutzungsdauer.com

W Verwaltung GmbH, Fuhrmannsplatz 11, 33442 Herzebrock-Clarholz 50 bis 100 Seiten inkl. Anlagen Gegen Aufpreis möglich, alternativ: Video-Besichtigung – Achtung: Finanzamt verlangt Besichtigung Abhängig von Wohn- und Nutzfläche:

bis 299 m²: 946,05 €

300 bis 500 m²: 1.184,05 €

501 bis 1000 m²: 1.541,05 €

1001 bis 2500 m²: 2.017,05 €

über 2500 m²: 2.612,05 €

Rehkugler Immobilien

Bärenplatz 5, 88069 Tettnang 25 bis 40 Seiten Ja Eigentumswohnung: 990 €

Einfamilienhaus, Doppelhaushälfte: 1.190 €

Mehrfamilienhaus: 1.490 €

Schiffer Immobilienbewertung

Gladbacher Straße 7, 40219 Düsseldorf Circa 23 Seiten Ja Eigentumswohnung: 990 €

Einfamilienhaus: 1.090 €

Mehrfamilienhaus: 1.350 €

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Schritt für Schritt zum Gutachten: Diese Dokumente brauchen Sie

Für eine fundierte Beurteilung benötigt der Gutachter verschiedene Dokumente. Dazu gehören häufig:

  • Grundbuchauszug
  • Baugenehmigung
  • Baubeschreibung/Bauplanung
  • Bauzeichnungen, Grundrisse aller Geschosse
  • Wohn- und Nutzflächenberechnung
  • Energieausweis
  • Nachweise der Sanierungen der letzten 20 Jahre
  • Fotos (nur bei Online-Gutachten): Aufnahmen von der Außenansicht vorne und hinten, vom Treppenhaus, den Fenstern, Bädern, Innenausbau, Dach innen und außen, der Heizungsanlage sowie möglicher Schäden (z. B. Risse im Mauerwerk, Feuchtigkeitsschäden, Schimmelschäden, undichte Stellen am Dach falls vorhanden)

Der Gutachter führt eine umfassende Begehung der Immobilie durch, bei der alle relevanten Aspekte wie Bausubstanz, technische Ausstattung und Modernisierungsgrad erfasst werden. Bei Online-Gutachten laden die Auftraggeber alle Unterlagen auf einer Plattform hoch oder senden sie dem Gutachter per E-Mail zu.

Nach der Analyse erstellt der Sachverständige ein Gutachten, das eine detaillierte Zustandsbeschreibung der Immobilie und eine Prognose der Restnutzungsdauer enthält. Dieses Dokument dient als Grundlage für die steuerliche Abschreibung.

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Praxisbeispiel: Steuerlast mit und ohne Gutachten

Ein Rechenbeispiel von Nutzungsdauer.com zeigt, welche Steuerersparnis mit einem Gutachten möglich ist.

Stand August 2024
Ohne Gutachten Mit Gutachten
Kaufpreis der Immobilie 250.000 €
Nutzungsdauer 50 Jahre 32 Jahre
Abschreibungsbetrag pro Jahr 5.000 € (2,00 %) 7.812,50 € (3,13 %)
Einnahmen der Eigentümer aus nichtselbständiger Tätigkeit 155.000 €
zzgl. Mieteinnahmen pro Jahr 12.000 €
abzgl. Kreditzinsen pro Jahr 6.000 €
abzgl. Gebäude-AfA 5.000 € (2,00 %) 7.812,50 € (3,13 %)
Zu versteuerndes Einkommen pro Jahr
156.000 € 153.187,50 €
Steuerbelastung bei persönlichem Steuersatz von 42 % 65.520 € 64.338,75 €
Steuerersparnis über 10 Jahre 0 € 11.812,50 €

Fazit: Warum sich ein Restnutzungsdauer-Gutachten oft lohnt

Ein Restnutzungsdauer Gutachten ist für Immobilieneigentümer, die ein älteres Gebäude vermieten eine große Hilfe. Hiermit lässt sich oft eine erhebliche AfA-Verkürzung erreichen. Auch Investoren, die gezielt in sanierungsbedürftige Immobilien investieren, können von dem Gutachten profitieren. Hierfür ist es jedoch erforderlich, dass das Gutachten sachgerecht und von ausgewiesenen Experten erstellt wurde, damit das Finanzamt die Begründung der verkürzten Restnutzungsdauer akzeptiert. Eine Garantie gibt es nicht.

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