Restnutzungsdauer Gutachten
Gutachten über Restnutzungsdauer: So sichern Sie sich höhere Immobilien-Abschreibungen
Nicht immer schätzt das Finanzamt die Restnutzungsdauer einer Immobilie realistisch ein. In diesem Fall hilft ein Restnutzungsdauer-Gutachten. Was das Gutachten enthalten sollte und wer es erstellen darf. Ein Überblick.
Restnutzungsdauer-Gutachten: Was ist das?
Mit einem Restnutzungsdauer-Gutachten weisen Immobilieneigentümer in ihrer Steuererklärung nach, dass ihre Immobilie ihren Zweck deutlich kürzer erfüllt, als vom Finanzamt pauschal angenommen. Ein Restnutzungsdauer-Gutachten (auch Bausubstanzgutachten oder Nutzungsdauergutachten) belegt demnach die verbleibende Lebensdauer einer Immobilie ab Kaufdatum.
„Die Restnutzungsdauer hat vor allem Relevanz bei vermieteten Immobilien“, sagt Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler Deutschland. Denn: „Hier werden Ausgaben als Abschreibungen geltend gemacht.“
Selbstgenutzte Immobilien können nicht abgeschrieben werden. Eigennutzer können aber Förderprogramme nutzen.
Die Abschreibungen für Neubauimmobilien wurden erhöht. Diese können mit fünf Prozent pro Jahr degressiv abgeschrieben werden. Zudem gibt es eine Sonderabschreibung.
Normalerweise werden die Anschaffungskosten einer Bestandsimmobilie über 40 oder 50 Jahre abgeschrieben. Bei jedem Eigentümerwechsel beginnt die Nutzungsdauer erneut, so dass die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes die gesetzlich festgelegte Zeit (zum Beispiel 80 Jahre bei Wohngebäuden) überschreiten kann. Ein Restnutzungsdauergutachten kann das korrigieren, indem es eine kürzere Nutzungsdauer nachweist. So entsteht eine höhere jährliche Abschreibung und damit eine höhere steuerliche Entlastung.
Die Abschreibung ist nur auf den Gebäudewert möglich. Nicht auf das Grundstück. Ein Restnutzungsdauer-Gutachten muss daher die wertmäßige Aufteilung von Grundstück und Gebäude beinhalten.
Rechtlich basiert das Restnutzungsdauergutachten auf den Vorgaben des Einkommensteuergesetzes (Paragraph 7 Absatz 4 ). Dort ist geregelt, dass die Abschreibung an die tatsächliche Nutzungsdauer angepasst werden kann.
So ermitteln Sie die Restnutzungsdauer Ihrer Immobilie
Die Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (Paragraph 11c Absatz 1 ) definiert die Nutzungsdauer als den Zeitraum, in dem ein Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entspricht. Die Restnutzungsdauer bezeichnet somit die Anzahl der Jahre, in denen ein Gebäude noch wirtschaftlich genutzt werden kann. Das heißt: Wie lange die Einnahmen beziehungsweise Mieterträge der Immobilie die Kosten für Instandhaltung und Betrieb übersteigen. Sie kann je nach Alter, Zustand oder rechtlicher Situation variieren.
Bei der Ermittlung der Restnutzungsdauer werden verschiedene Faktoren berücksichtigt:
- das Baujahr und die Bauweise,
- der technische Zustand, insbesondere die Bausubstanz,
- die Art der Nutzung,
- die Lage,
- die Wirtschaftlichkeit sowie
- rechtliche Beschränkungen.
Für Wohngebäude im Privateigentum gilt zusätzlich:
- Wurde das Gebäude vor 1925 fertiggestellt, beträgt die Restnutzungsdauer weniger als 40 Jahre.
- Bei Gebäuden, die zwischen 1925 und 2022 errichtet wurden, liegt die Restnutzungsdauer unter 50 Jahre.
- Bei Gebäuden, die ab 2023 fertiggestellt werden, ist eine verkürzte AfA (Absetzung für Abnutzung) nur dann sinnvoll, wenn die Restnutzungsdauer weniger als 33,33 Jahre beträgt.
Die Restnutzungsdauer hängt somit immer auch von der geschätzten Gesamtnutzungsdauer einer Immobilie ab. Diese wird vom Gesetzgeber beziehungsweise den kommunalen Baugutachtern vorgegeben. Bei Wohngebäuden umfasst sie in der Regel 80 Jahre.
Gebäudeart und Restnutzungsdauer
Gebäudeart | Gesamtnutzungsdauer |
---|---|
Ein- und Zweifamilienhäuser | 80 Jahre |
Mietwohngrundstücke, Mehrfamilienhäuser | 80 Jahre |
Wohnungseigentum | 80 Jahre |
Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke | 80 Jahre |
Bürogebäude, Verwaltungsgebäude | 60 Jahre |
Einzelgaragen, Mehrfachgaragen | 60 Jahre |
Wohnheime, Internate, Alten- und Pflegeheime | 50 Jahre |
Beherbergungsstätten, Hotels, Verpflegungseinrichtungen | 40 Jahre |
Betriebs- und Werkstätten, Industrie- und Produktionsgebäude | 40 Jahre |
Lager- und Versandgebäude | 40 Jahre |
Mit einem Gutachten zur Restnutzungsdauer erzielen Immobilieneigentümer häufig eine Nutzungsdauer von 20 bis 30 Jahren. Bei sehr alten, unsanierten Immobilien sind auch kürzere Zeiträume und damit höhere Abschreibungssätze möglich. Bei Gewerbeobjekten sind Restnutzungsgutachten bis zu neun Jahren möglich.
Inhalte eines Restnutzungsdauer-Gutachtens
Ein Restnutzungsdauer-Gutachten enthält eine detaillierte Analyse des baulichen Zustands der Immobilie, berücksichtigt Instandsetzungen und Modernisierungen und schätzt die verbleibende Nutzungsdauer ein. Wesentliche Bestandteile sind die technische und wirtschaftliche Bewertung der Immobilie. Auch rechtliche Umstände, die die Nutzungsdauer begrenzen können, gehören dazu.
Wie ein Gutachten aufgebaut werden sollte: „Die Finanzverwaltung hat hierzu bisher keine Vorgaben veröffentlicht“, sagt Daniela Karbe-Geßler. „Es sollten aber alle wesentlichen Punkte, die die Restnutzungsdauer begründen, aufgeführt sein.“
Die Finanzverwaltung hat hierzu bisher keine Vorgaben veröffentlicht
In einem Schreiben vom 22. Februar 2023 gibt das Bundesfinanzministerium immerhin einige Hinweise. Hier heißt es:
- Im Rahmen des Nachweises ist der Zustand des Gebäudes in seinen die Nutzungsdauer bestimmenden Elementen (Tragstruktur des Bauwerks) darzustellen und begründet darzulegen, weshalb am Ende der geltend gemachten (kürzeren) Nutzungsdauer voraussichtlich keine wirtschaftlich sinnvolle (anderweitige) Nachfolgenutzung mehr möglich ist und kein Restwert mehr vorhanden ist.
- Ein Bausubstanzgutachten ist nicht zwingend erforderlich, kann aber hilfreiche Anhaltspunkte zur Beurteilung des Einzelfalls enthalten.
- Die bloße Übernahme einer Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten ist nicht als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer geeignet.
- Die Restnutzungsdauer und die Gesamtnutzungsdauer nach der Immobilienwertverordnung (ImmoWertV) entsprechen nicht der tatsächlichen Gesamt- bzw. Restnutzungsdauer eines einzelnen Gebäudes, sondern sind Modellansätze, die nur im Gesamtkontext einer Verkehrswertermittlung zu sachgerechten Ergebnissen führen. Eine isolierte Verwendung der Modelle (…) der ImmoWertV ist nicht sachgerecht.
Ein Restnutzungsdauer-Gutachten umfasst je nach Gebäude 20 bis 30 Seiten. Dies ist abhängig von der Größe des Gebäudes sowie den Ermittlungen des beauftragten Immobilienbewerters.
Die Finanzverwaltung wird die Gutachten auf Plausibilität prüfen
„Die Finanzverwaltung wird die Gutachten auf Plausibilität prüfen“, sagt Daniela Karbe-Geßler. Dafür haben die Finanzämter eigene Sachverständige. „Es kann somit vorkommen, dass ein sogenanntes Gegengutachten vorgelegt wird“, so die Steuer-Expertin.
Gutachterwahl: Wer darf das Restnutzungsdauer-Gutachten erstellen?
Das Bundesfinanzministerium stellt klar, wer ein Restnutzungsdauergutachten ausstellen kann:
- ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken,
- ein nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierter Gutachter oder
- ein zertifizierter Sachverständiger für die Bewertung von Immobilien und Grundstücken. Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler sollte es sich dabei um einen Sachverständigen mit IHK-Zulassung handeln.
Viele Finanzämter akzeptieren Restnutzungsdauergutachten nur, wenn der Gutachter das zu bewertende Objekt oder Grundstück tatsächlich besichtigt hat.
Tipps Immobilienbewertung und Gutachter
Kosten von Restnutzungsdauer-Gutachten: 3 Anbieter im Vergleich
Anbieter | Adresse | Umfang des Gutachtens | Ortstermin | Preise (inkl. MwSt.) |
---|---|---|---|---|
Nutzungsdauer.com | W Verwaltung GmbH, Fuhrmannsplatz 11, 33442 Herzebrock-Clarholz | 50 bis 100 Seiten inkl. Anlagen | Gegen Aufpreis möglich, alternativ: Video-Besichtigung – Achtung: Finanzamt verlangt Besichtigung | Abhängig von Wohn- und Nutzfläche: bis 299 m²: 946,05 € 300 bis 500 m²: 1.184,05 € 501 bis 1000 m²: 1.541,05 € 1001 bis 2500 m²: 2.017,05 € über 2500 m²: 2.612,05 € |
Rehkugler Immobilien | Bärenplatz 5, 88069 Tettnang | 25 bis 40 Seiten | Ja | Eigentumswohnung: 990 € Einfamilienhaus, Doppelhaushälfte: 1.190 € Mehrfamilienhaus: 1.490 € |
Schiffer Immobilienbewertung | Gladbacher Straße 7, 40219 Düsseldorf | Circa 23 Seiten | Ja | Eigentumswohnung: 990 € Einfamilienhaus: 1.090 € Mehrfamilienhaus: 1.350 € |
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Schritt für Schritt zum Gutachten: Diese Dokumente brauchen Sie
Für eine fundierte Beurteilung benötigt der Gutachter verschiedene Dokumente. Dazu gehören häufig:
- Grundbuchauszug
- Baugenehmigung
- Baubeschreibung/Bauplanung
- Bauzeichnungen, Grundrisse aller Geschosse
- Wohn- und Nutzflächenberechnung
- Energieausweis
- Nachweise der Sanierungen der letzten 20 Jahre
- Fotos (nur bei Online-Gutachten): Aufnahmen von der Außenansicht vorne und hinten, vom Treppenhaus, den Fenstern, Bädern, Innenausbau, Dach innen und außen, der Heizungsanlage sowie möglicher Schäden (z. B. Risse im Mauerwerk, Feuchtigkeitsschäden, Schimmelschäden, undichte Stellen am Dach falls vorhanden)
Der Gutachter führt eine umfassende Begehung der Immobilie durch, bei der alle relevanten Aspekte wie Bausubstanz, technische Ausstattung und Modernisierungsgrad erfasst werden. Bei Online-Gutachten laden die Auftraggeber alle Unterlagen auf einer Plattform hoch oder senden sie dem Gutachter per E-Mail zu.
Nach der Analyse erstellt der Sachverständige ein Gutachten, das eine detaillierte Zustandsbeschreibung der Immobilie und eine Prognose der Restnutzungsdauer enthält. Dieses Dokument dient als Grundlage für die steuerliche Abschreibung.
Wichtige Faktoren für den Kaufpreis
Haus kaufen: Welche Faktoren treiben den Immobilienpreis nach oben?
Praxisbeispiel: Steuerlast mit und ohne Gutachten
Ein Rechenbeispiel von Nutzungsdauer.com zeigt, welche Steuerersparnis mit einem Gutachten möglich ist.
Ohne Gutachten | Mit Gutachten | |
---|---|---|
Kaufpreis der Immobilie | 250.000 € | |
Nutzungsdauer | 50 Jahre | 32 Jahre |
Abschreibungsbetrag pro Jahr | 5.000 € (2,00 %) | 7.812,50 € (3,13 %) |
Einnahmen der Eigentümer aus nichtselbständiger Tätigkeit | 155.000 € | |
zzgl. Mieteinnahmen pro Jahr | 12.000 € | |
abzgl. Kreditzinsen pro Jahr | 6.000 € | |
abzgl. Gebäude-AfA | 5.000 € (2,00 %) | 7.812,50 € (3,13 %) |
Zu versteuerndes Einkommen pro Jahr | 156.000 € | 153.187,50 € |
Steuerbelastung bei persönlichem Steuersatz von 42 % | 65.520 € | 64.338,75 € |
Steuerersparnis über 10 Jahre | 0 € | 11.812,50 € |
Fazit: Warum sich ein Restnutzungsdauer-Gutachten oft lohnt
Ein Restnutzungsdauer Gutachten ist für Immobilieneigentümer, die ein älteres Gebäude vermieten eine große Hilfe. Hiermit lässt sich oft eine erhebliche AfA-Verkürzung erreichen. Auch Investoren, die gezielt in sanierungsbedürftige Immobilien investieren, können von dem Gutachten profitieren. Hierfür ist es jedoch erforderlich, dass das Gutachten sachgerecht und von ausgewiesenen Experten erstellt wurde, damit das Finanzamt die Begründung der verkürzten Restnutzungsdauer akzeptiert. Eine Garantie gibt es nicht.
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Daniela Karbe-Geßler, Rechtsanwältin, Steuerabteilungsleiterin beim Bund der Steuerzahler Deutschland.