Wohnungsnot in Deutschland
Wohnungsnot bekämpfen – die Pläne der Ampelkoalition
Wohnungsnot und Mietpreise in Deutschland – eine große Herausforderung für die neue Regierung. In ihrem Koalitionsvertrag erläutern SPD, Grüne und FDP, wie sie den Wohnungsmangel bekämpfen wollen.
Im vergangenen Jahrzehnt explodierten die Immobilienpreise in Deutschland, die Mietpreise zogen ebenfalls rasant an. Vor allem in den Ballungsräumen finden Normalverdiener kaum bezahlbaren Wohnraum. Die Erwartungen an die neue Regierung, diese Situation zu verbessern, sind hoch.
Der Koalitionsvertrag zeigt, dass die Ampelkoalition die Wohnungsnot in Deutschland ernst nimmt. Es soll ein eigenes, SPD-geführtes Bundesministerium für Bauen und Wohnen geben, das erste seit 1998. Seine Aufgabe: Das Wohnen der Zukunft „bezahlbar, klimaneutral, nachhaltig, barrierearm und innovativ“ zu machen, so steht es im Koalitionsvertrag .
Das sind die Maßnahmen, um Wohnungsnot zu lindern und Mietpreise in Deutschland zu bremsen
Damit dieses ehrgeizige Vorhaben gelingen kann, sollen unter anderem folgende Punkte umgesetzt werden:
- Jährlich sollen 400.000 neue Wohnungen gebaut werden, 100.000 davon öffentlich gefördert, um die Wohnungsnot in vielen Regionen in Deutschland zu bekämpfen,
- Hürden beim Erwerb von Wohneigentum sollen gesenkt werden, etwa durch eigenkapitalersetzende Darlehen sowie langfristige Tilgungszuschüsse und Zinsverbilligungen für die Haushalte, die sich ohne staatliche Unterstützung kein Wohneigentum leisten können.
- Damit Bauen günstiger wird, soll das modulare und serielle Bauen und Sanieren weiterentwickelt werden.
- Die Mietpreisbremse soll bis 2029 verlängert und verschärft werden. In „angespannten Wohnungsmärkten“, so der Wortlaut, soll die sogenannte Kappungsgrenze von aktuell 15 auf 11 Prozent gesenkt werden, um die Erhöhung der Mietpreise in Deutschland zu bremsen. Das bedeutet, die Miete darf in den betroffenen Regionen über drei Jahre maximal um elf Prozent steigen.
- Da die CO₂-Preise auf Heizöl und Gas weiter ansteigen werden, sollen diese Kosten zwischen Mietern und Vermietern aufgeteilt werden; bisher zahlt dafür allein der Mieter.
- Einkommensschwache Familien sollen in diesem Winter einen einmalig erhöhten Heizkostenzuschuss erhalten.
- Die Wohngemeinnützigkeit soll erneut aufleben: Mit staatlichen Zuschüssen und Steuernachlässen sollen Investoren Anreize erhalten, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. 1990 wurde das Gesetzt der Wohnungsgemeinnützigkeit aufgehoben, mit dessen Hilfe preiswerter Wohnraum für eine breite Bevölkerungsschicht geschaffen und erhalten werden sollte.
- Teilwarmmiete: Spannend wir es im Bereich Energiekosten. Vermieter sollen Anreize erhalten, ihre Wohnimmobilien energetisch zu verbessern. Hierzu möchte die Ampelkoalition den Umstieg auf eine Teilwarmmiete prüfen. Der Mietpreis soll die Heizkosten, zum Beispiel für eine Grundbeheizung von 20 Grad, bereits enthalten. Außerdem sieht der Koalitionsvertrag eine Teilung des CO2-Preises zwischen Mieter und Vermieter vor. [ergänzt am 01.12.2021 TV]
Die Absichten der Ampelkoalitionäre im Bereich Bauen und Wohnen stoßen auf geteiltes Echo.
400.000 Wohnungen im Jahr, ein ambitioniertes Ziel – die Reaktionen
Der Mieterbund befürwortet zwar das massive Wohnungsbauprogramm, nannte den Koalitionsvertrag insgesamt jedoch eine Enttäuschung. Mietpreise in Deutschland würden nicht effektiv begrenzt, vom Mietenstopp fehle jede Spur. „Offensichtlich hat sich die FDP beim Mietrecht deutlich durchgesetzt”, sagte Präsident Lukas Siebenkötten.
Das Institut für Wirtschaftsforschung (IW) sieht das Ziel der neuen Regierung, jährlich 400.000 Wohnungen zu bauen, als zu hoch angesetzt und befürchtet langfristig Leerstände. Zudem bemängelte das IW, dass die Finanzierung der 100.000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr unklar sei.
Der Chef der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) Robert Feiger bezeichnete das geplante eigenständige Bauministerium als „überfällig”, sowohl im Hinblick auf die Wohnungsnot als auch auf das Ziel der Klimaneutralität der Bauwirtschaft.Ähnlich äußerte sich der Zentralverband des Baugewerbes (ZDB). Die Schaffung von 400.000 Wohnungen jährlich hält das Baugewerbe für ambitioniert. Zum Vergleich: 2020 wurden gut 300.000 Wohnungen fertiggestellt.
Fazit: Hochgesteckte Ziele, Maßnahmen zur Umsetzung noch unkonkret
Die Pläne der neuen Regierung können den Wohnungsmarkt in Deutschland in Bewegung bringen und die Wohnungsnot lindern. Die Maßnahmen klingen gut, enthalten allerdings wenig Konkretes zur Umsetzung. Welche Pläne funktionieren und wie schnell sie umgesetzt werden, muss sich erst zeigen. 400.000 Wohnungen können nicht einfach aus dem Boden gestampft werden. Wenn die Pläne umsetzt werden, profitieren Mieter ebenso wie (angehende) Eigentümer. Zwar ist ein Koalitionsvertrag rechtlich nicht bindend. Doch da sich jede Regierung daran messen lassen muss, ob sie ihre selbst gesteckten Ziele erreicht, ist ein Koalitionsvertrag mehr als eine bloße Absichtserklärung. Offen bleibt, nicht nur im Bereich Bauen und Wohnen, wie die Vorhaben langfristig finanziert werden können.
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