Steuerbegünstigung nach 6 Monaten
BFH Urteil: Frist zur Steuerbegünstigung bei Erbauseinandersetzung
Die Frage, wann und unter welchen Bedingungen steuerliche Vergünstigungen bei der Erbauseinandersetzung in Anspruch genommen werden können, ist für Erben von großer Bedeutung. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil (Az. II R 37/16) aus dem Jahr 2024 klargestellt, dass eine Erbauseinandersetzung auch dann noch steuerlich begünstigt sein kann, wenn sie erst nach mehr als sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgt.
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Im zugrunde liegenden Fall waren zwei Brüder gemeinschaftliche Erben ihrer Eltern. Zum Nachlass gehörten neben Immobilien auch Unternehmensanteile. Während das Finanzamt die steuerlichen Begünstigungen für Betriebsvermögen und Immobilien nur anerkennen wollte, wenn die Erbauseinandersetzung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgt, entschied der BFH nun zugunsten der Erben, dass diese Frist dann nicht als starre Frist gilt, wenn zwischen Erbauseinandersetzung und Todesfall ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht, denn:
Rechtlicher Hintergrund: Die Erbengemeinschaft
Wer in Deutschland gemeinsam mit einem anderen Erben erbt, erbt in einer sogenannten Erbengemeinschaft. Diese ist im § 2032 BGB geregelt.
Die Erbengemeinschaft birgt für viele Erben besondere Probleme, denn nicht immer ist man sich über die Art der Erbauseinandersetzung innerhalb des Erbenkreises einig: Der eine möchte von den anderen ausgezahlt werden, der andere möchte eine geerbte Immobilie selbst bewohnen, der dritte möchte sie vermieten. Streit und Probleme sind dabei vorprogrammiert. Ratio des Gesetzes ist dabei, dass die Erbengemeinschaft nur eine kurzfristige Rechtsform darstellen und zeitnah aufgelöst werden soll. Sie mündet nach dem Willen des Gesetzgebers in der zeitnahen Erbauseinandersetzung und damit ihrer Auflösung.
Können sich Erben untereinander nicht auf eine schnelle und sinnvolle Erbauseinandersetzung einigen, bleibt für sie nur der Weg des Verkaufs ihres Erbanteils gemäß § 2033 BGB .
BFH Urteil zur Frist bei Steuerbegünstigungen
Steuervergünstigungen
Wenn im Rahmen einer Erbauseinandersetzung Vermögenswerte unter den Erben aufgeteilt werden, können die steuerlichen Vergünstigungen für Betriebsvermögen, vermieteten Wohnraum oder das selbstgenutzte Familienheim unter bestimmten Bedingungen übernommen werden. Der BFH hat in dem Urteil klargestellt, dass der Transfer der Steuerbegünstigung für Betriebsvermögen, für vermieteten Wohnraum und für das selbstgenutzte Familienheim unter Miterben voraussetzt, dass die Übertragung der Vermögenswerte im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die Teilung des Nachlasses mehr als sechs Monate nach dem Erbfall erfolgt (entgegen H E 13a.11 der Hinweise zu den Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019).
Entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung ist eine Erbauseinandersetzung auch nach mehr als sechs Monaten steuerlich begünstigt, solange sie im engen Zusammenhang mit der ursprünglichen Erbschaft steht.
Neue Willensbildung als Ausschlusskriterium
Erfolgt die Erbauseinandersetzung jedoch auf Basis einer neuen Willensentscheidung der Erbengemeinschaft und nicht als notwendiger Schritt zur Nachlassteilung, entfällt die steuerliche Vergünstigung. Dementsprechend urteilt der BFH wie folgt:
“Beruht der Entschluss, den Nachlass zu teilen und dabei begünstigtes (Betriebs-)Vermögen gegen nicht begünstigtes Vermögen zu übertragen, auf einer neuen Willensbildung der Erbengemeinschaft, die den Nachlass zunächst willentlich ungeteilt belassen hat, ist die Übertragung nicht begünstigt.”
Was bedeutet das für Immobilieneigentümer und Erben?
Dieses Urteil bringt mehr Flexibilität in die Erbauseinandersetzung und nimmt Erben den Druck, innerhalb von sechs Monaten eine abschließende Regelung zu finden. Besonders relevant ist dies für komplexe Nachlässe mit Betriebsvermögen oder mit mehreren Immobilien, bei denen eine schnelle Bewertung und Verteilung innerhalb der Erbengemeinschaft oft nicht realistisch und damit unmöglich ist.
Erben sollten jedoch darauf achten, dass die Erbauseinandersetzung tatsächlich noch in unmittelbarem Zusammenhang mit der Nachlassregelung steht und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt aus freien Stücken entschieden wird. Eine sorgfältige steuerliche Planung und Beratung sind hier entscheidend.
Immobilienverrentung als Lösung zur Vereinfachung der Erbauseinandersetzung
Eine Möglichkeit, die Erbauseinandersetzung erheblich zu erleichtern, ist die Immobilienverrentung zu Lebzeiten. Durch den Verkauf von Immobilien mit Wohnungsrecht oder Nießbrauch behält der Erblasser die Nutzung der Immobilie, erhält aber bereits zu Lebzeiten Kapital, das er im Falle seines Versterbens vererben kann.
Dadurch wird vermieden, dass im Erbfall Immobilien unter mehreren Erben aufgeteilt werden müssen, was oft zu Streit und langwierigen Auseinandersetzungen führt. Statt schwer teilbarer Immobilie wird dann nur noch Geld vererbt, das einfacher unter den Erben aufzuteilen ist. Dies kann nicht nur steuerliche Vorteile zu Lebzeiten bieten, sondern auch den familiären Frieden wahren.
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Fazit: Mehr Zeit zur Erbauseinandersetzung
Das BFH-Urteil sorgt für mehr Rechtssicherheit und Gestaltungsspielraum bei der Erbauseinandersetzung. Wer Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen erbt, sollte sich frühzeitig mit den steuerlichen Möglichkeiten befassen, um bestehende Vergünstigungen optimal zu nutzen. Eine professionelle Beratung kann helfen, unerwartete Steuerlasten zu vermeiden und den Nachlass effizient zu strukturieren. Zusätzlich kann eine frühzeitige Immobilienverrentung dazu beitragen, spätere Erbstreitigkeiten zu vermeiden und die Vermögensnachfolge zu optimieren. Die Beratung durch einen Experten sollte in diesen Fällen eine Selbstverständlichkeit sein.
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