Wer erbt, wenn es kein Testament gibt?
Gesetzliche Erbfolge ohne Testament
Wollen Sie Ihr Erbe gestalten oder haben Sie geerbt? Dann sollten Sie die gesetzliche Erbfolge kennen. Auch bei Vorliegen oder dem Verfassen eines Testaments müssen Sie die gesetzliche Erbfolge kennen, denn daraus ergeben sich die Pflichtteilsansprüche.
Wie funktioniert die gesetzliche Erbfolge ohne Testament?
Für die Mehrheit der Erbfälle liegt kein Testament vor. Doch wer erbt, wenn keine Regelungen getroffen wurden? Hier greift die sogenannte gesetzliche Erbfolge. Die gesetzlichen Regelungen, als das Erbrecht, sind ab §§ 1922 BGB zu finden.
Zuerst erben die A Ehepartner und die B nächsten und weitere Verwandten nebeneinander. Entferntere Verwandte erben nur dann, wenn es keine näheren Verwandten gibt. Der Gesetzgeber unterscheidet je nach Verwandtschaftsgrad unterschiedliche Ordnungen.
Folgende beiden Punkte müssen geprüft werden:
Schematisch lässt sich die Reihenfolge der gesetzliche Erbfolge der Verwandten wie folgt darstellen:
(B) Gesetzliche Erbfolge – Reihenfolge der Verwandten | ||
---|---|---|
1. Ordnung | Kinder → Enkel → Urenkel | ↓ |
2. Ordnung | Eltern → Geschwister → Nichten und Neffen | |
3. Ordnung | Großeltern → Tanten und Onkel → Cousins und Cousinen | |
4. Ordnung | Urgroßeltern → Großtante und Großonkel → deren Kinder |
A Gesetzliche Erbfolge Ehegatten und eingetragene Lebenspartner
Ehegatten und eingetragene Lebenspartner werden bei Erbschaften gesondert berücksichtigt. Das gilt nicht für Partnerschaften, bei denen keine Ehe oder Lebenspartnerschaft eingetragen wurde. Partner in „wilder Ehe“ gehen leer aus.
Die Höhe des Erbes hängt von zwei Faktoren ab:
- Welcher Güterstand vereinbart wurde (oftmals Gütertrennung bei Ehevertrag)
- Welche weiteren Erben es gibt.
Der folgenden Tabelle können Sie entnehmen, welche Anteile Ehepartner und eingetragene Lebenspartner erben:
Es gibt Erben ↓ | Güterstand
immer, wenn kein Ehevertrag geschlossen wurde oder modifizierte Zugewinngemeinschaft Der Ehepartner (eingetragene Lebenspartner) erbt… | Güterstand
oftmals bei Ehevertrag vereinbart Der Ehepartner (eingetragene Lebenspartner) erbt… | ||
---|---|---|---|---|
1.Ordnung
| 50 % | alle zu gleichen Teilen zum Beispiel ½ bei 1 Kind, 1/3 bei 2 Kindern, ¼ bei 3 Kindern | ||
2.Ordnung
| 75 % | 50 % | ||
3.Ordnung
| 75 % | 50 % | ||
4.Ordnung
| 100 % | 100 % |
B Gesetzliche Erbfolge nächster und weiterer Verwandter
Rangordnung der gesetzlichen Erbfolge
Der Gesetzgeber hat eine Rangordnung in §§ 1924 ff BGB festgelegt. Es erben nicht alle Verwandten. Verwandte höherer Ordnung, zum Beispiel erster Ordnung, verhindern die Erbschaftansprüche entfernterer Verwandter niedrigerer Ordnung, also zweiter oder niedrigere Ordnung.
Beispiel 1
Der Erblasser hat Kinder (erste Ordnung). Diese erben alles. Alle nachrangigen Verwandten (beispielsweise zweite Ordnung Geschwister) erben nichts mehr.
Beispiel 2
Der Verstorbene ist kinderlos (keine Erben erster Ordnung). Seine noch lebenden Eltern (zweiter Ordnung) des Verstorbenen erben zu gleichen Teilen (je 50 Prozent). Die Tante (dritte Ordnung) wird ausgeschlossen.
Reihenfolge innerhalb der Ordnung
Die Reihenfolge innerhalb der Ordnung wird ebenfalls geregelt. Ein näherer Verwandter innerhalb einer Ordnung schließt entferntere Verwandte aus.
Beispiel: Kind und Enkelkind
Ein Erblasser hat eine Tochter und diese hat ein Kind, also das Enkelkind. Beide Verwandten sind erster Ordnung. Die Tochter erbt als nähere Verwandte, das Enkelkind wird ausgeschlossen.
Sollte ein Verwandter verstorben sein, dann rücken seine Nachkommen (innerhalb der Ordnung) nach.
Beispiel: verstorbenes Kind und Enkelkind
Der Erblasser hat eine Tochter, die wiederum eine Tochter hat, also ein Enkelkind. Die Tochter ist zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits verstorben. Ihre Tochter, das Enkelkind, rückt nach. Alle nachrangigen Verwandten (zum Beispiel zweiter Ordnung Eltern) erben nichts mehr.
Sind Erben mit gleichem Verwandtschaftsgrad vorhanden, dann werden gemäß der gesetzlichen Erbfolge gleichberechtige Stämme gebildet. Nachkommen in gerader Linie rücken auf, wenn Verwandte verstorben sind.
Beispiel: Gleichberechtigte Stämme
Ein Erblasser hat vier Kinder. Jedes Kind erbt 25 Prozent
Weiteres Beispiel:
Ein Erblasser hat eine Tochter und einen Sohn. Beide haben wiederum je zwei Kinder, also Enkelkinder. Der Sohn ist bereits verstorben. Die Enkelkinder des verstorbenen Sohns rücken Kinder in die erste Ordnung auf. Das bedeutet: Die Tochter erbt 50 Prozent, die beiden Enkelkinder des verstorbenen Sohns zusammen 50 Prozent, also jeder 25 Prozent.
Übrigens richtet sich auch die Höhe der Erbschaftssteuer und der Freibeträge nach dem Verwandtschaftsgrad. Vereinfachend gesagt sind Freibeträge umso höher und Steuersätze umso niedriger, je näher die Verwandtschaft ist. Alle Informationen, Tabellen und Berechnungen zur Erbschaftssteuer erhalten Sie in unserem Ratgeber:
Gesetzliche Erbfolge im BGB
Wie der Name schon sagt, ist die gesetzliche Erbfolge im Gesetz geregelt. Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist das Erbrecht im Buch fünf ab §§ 1922 BGB geregelt
Die wichtigsten Regelungen zur gesetzlichen Erbfolge finden Sie hier:
- § 1924 BGB Gesetzliche Erben erster Ordnung
- § 1925 BGB Gesetzliche Erben zweiter Ordnung
- § 1926 BGB Gesetzliche Erben dritter Ordnung
- § 1928 BGB Gesetzliche Erben vierter Ordnung
- § 1929 BGB Fernere Verwandtschaft
- § 1930 BGB Rangfolge der Ordnungen
- § 1931 BGB Gesetzliche Erbfolge Ehegatten und Lebenspartner
Wie kann ich die gesetzliche Erbfolge ändern?
Sie müssen sich nicht an die gesetzliche Erbfolge halten. Zu Lebzeiten können Sie anhand eines Testaments oder Erbvertrags Sie die gesetzliche Erbfolge ändern. Insbesondere bei Immobilienvermögen kann eine abweichende Regelung sinnvoll sein. Weitere Informationen dazu:
Hierbei ist zu beachten, dass für manche einen Mindestanteil an der Erbschaft gibt.
Eine Möglichkeit zur Änderung der gesetzlichen Erbfolge ist außerdem die Schenkung, die Sie zu Lebzeiten durchführen können. Sie können alle zehn Jahre mit Freibeträgen bis zu 500.000 Euro steuerfrei Schenkungen vornehmen. Damit es sich nicht um eine vorweggenommene Erbfolge handeln, ist eine 10-Jahresfrist zu beachten. Weitere Möglichkeit ist es bei Immobilien mit einem Nießbrauchrecht oder Wohnrecht die Schenkungssteuer und Erbschaftssteuer zu senken. Wir haben die wichtigsten Steuer-Tipps für Sie zusammengestellt und gehen auf die Möglichkeit von Immobilien mit Nießbrauch näher ein:
Nießbrauchrecht oder Wohnrecht?
Unterschied Nießbrauch und Wohnrecht. Was ist besser?
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