Freibeträge nutzen
Erbschaftssteuer: Welcher Freibetrag gilt und wie lässt sich sparen?
In Deutschland liegt der Erbschaftssteuersatz zwischen sieben und 50 Prozent – je nach Steuerklasse und Wert des Erbes. Jedoch können Erben von Freibeträgen profitieren. Der allgemeine Freibetrag der Erbschaftssteuer liegt zwischen 20.000 und 500.000 Euro. Je nach Fall können weitere Steuerbefreiungen hinzukommen. Update Nachdem die Freibeträge zunächst nicht erhöht werden, klagt Bayern vor dem Bundesverfassungsgericht.
Grundsätzlich muss in Deutschland jeder Erbe Erbschaftssteuer zahlen. So sieht es das Erbschaftssteuergesetz vor. Der Gesetzgeber hat je nach Verwandtschaftsgrad verschieden hohe Freibeträge vorgesehen. Je enger ein Erbe mit dem Erblasser verwandt ist, desto höher ist der Freibetrag.
Erbschaftssteuer Freibetrag nach Verwandtschaftsgrad
Erbschaftssteuer Ehepartner
Ehepartner und eingetragene Lebenspartner können bis zu 500.000 Euro steuerfrei erben. Zusätzlich wird ein Versorgungsfreibetrag in Höhe von 256.000 Euro gewährt, wenn Witwen keine Versorgungsbezüge erhalten. Das heißt, erst ab 756.001 Euro zahlen sie Erbschaftsteuer. So soll das gemeinsam erlangte Vermögen erhalten bleiben. Stehen dem lebenden Ehepartner Versorgungsbezüge wie zum Beispiel eine Witwenrente oder eine Pension zu, wird entsprechend der Regelung in § 17 ErbStG der Kapitalwert der Bezüge vom Versorgungsfreibetrag abgezogen.
Erbschaftssteuer Kinder
Kindern gewährt der Fiskus von jedem verstorbenen Elternteil einen Freibetrag von bis zu 400.000 Euro. Wie bei Ehepartnern wird dieser mit einem Versorgungsfreibetrag aufgestockt, der nach dem Alter des Kindes gestaffelt ist. Er liegt zwischen 10.300 und 52.000 Euro (§ 17 (2) ErbStG ). Der Kapitalwert eventueller Versorgungsbezüge wird ebenfalls abgezogen.
Ehepartner und Kinder dürfen zudem Hausrat inklusive Wäsche und Kleidungsstücke bis zu einem Freibetrag von 41.000 Euro erben, ohne Erbschaftsteuer zu zahlen. Darüber hinaus sind „andere bewegliche Gegenstände“ wie zum Beispiel Schmuck, eine Fotokamera oder Kraftfahrzeuge im Wert von bis zu 12.000 Euro steuerfrei. Auf den allgemeinen Freibetrag der Erbschaftsteuer werden sie nicht angerechnet.
Erbschaftssteuer Enkel
Enkel können bis zu 200.000 Euro ohne Steuern von ihren Großeltern erben. Eltern bis zu 100.000 Euro.
Erbschaftssteuer Geschwister
Geschwister und alle weiteren Erben bis zu 20.000 Euro. Auch hier kann ein Steuer-Freibetrag von 12.000 Euro auf den Hausrat und andere bewegliche Gegenstände geltend gemacht werden.
Tabelle 2024: Erbschaftssteuer Freibetrag
Verwandtschaftsgrad | allgemeiner Freibetrag | möglicher, zusätzlicher Versorgungsfreibetrag | Freibetrag auf Hausrat und andere bewegliche Gegenstände |
---|---|---|---|
Ehepartner, eingetragener Lebenspartner | 500.000 Euro | 256.000 Euro | 41.000 Euro, 12.000 Euro |
Kinder, Stiefkinder, Adoptivkinder | 400.000 Euro | bis 5 Jahre: 52.000 Euro bis 10 Jahre: 41.000 Euro bis 15 Jahre: 30.700 Euro bis 20 Jahre: 20.500 Euro bis 27 Jahre: 10.300 Euro | 41.000 Euro, 12.000 Euro |
Enkel, Stiefenkel | 200.000 Euro | 12.000 Euro | |
Eltern, Großeltern, Urgroßeltern | 100.000 Euro | 12.000 Euro | |
Geschwister, Nichten, Neffen, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, Stiefeltern, geschiedene Ehepartner | 20.000 Euro | 12.000 Euro | |
Tanten, Onkel, Freunde und andere Erben | 20.000 Euro | 12.000 Euro |
Tipp: Wer den verstorbenen Angehörigen gepflegt hat oder für den Unterhalt aufgekommen ist, erhält einen Pflegefreibetrag von bis zu 20.000 Euro.
Versteuert werden muss nur der Betrag oberhalb der Erbschaftssteuer Freibeträge.
Höhe der Erbschaftssteuer über den Freibeträgen
Für Vermögen über dem jeweiligen Freibetrag werden Steuern fällig. Zum Beispiel dann, wenn der Sohn ein Haus in Innenstadtlage erbt, das eine Millionen Euro wert ist, oder mehrere Wohnungen zur Erbschaft zählen. Innerhalb von drei Monaten muss die Erbschaft dem Finanzamt mitgeteilt werden. Die Behörde fordert daraufhin eine Erbschaftssteuererklärung, die der oder die Erben ausfüllen und einreichen müssen.
Wird eine Immobilie vererbt, zieht das Finanzamt den Verkehrswert, also den aktuellen Marktwert, heran. Dieser berechnet sich nach den Vorschriften des steuerlichen Bewertungsgesetzes BewG .
Je nach Art der Immobilie gelten andere Bewertungsmaßstäbe. Kommt dabei heraus, dass der steuerlich berechnete Immobilienwert höher ist, als vermutet, sollte parallel ein Wertgutachten beauftragt werden. Anschließend wird die Erbschaftssteuer berechnet. Bei Wohnimmobilien werden lediglich 90 Prozent des Verkehrswertes angesetzt. Bestehende Kreditbelastungen werden abgezogen. Ebenso wertmindernd sind eingetragene Nießbrauchrechte und Wohnrechte.Online-Rechner: Online-Rechner für Wohnrecht und Nießbrauch)
Erbschaftssteuerklassen und Steuersätze
Welcher Steuersatz dem Erbe abzüglich der Freibeträge zugrunde liegt, hängt von den geltenden Erbschaftssteuerklassen sowie der Höhe der Erbschaft ab. Die Steuersätze sind gestaffelt. Zur Steuerklasse I gehören bei der Erbschaftsteuer Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Stiefkinder. Zur Steuerklasse II zählen Geschwister, deren Kinder, Stief- und Schwiegereltern, Schwiegerkinder sowie geschiedene Partner. Alle übrigen Personen wie etwa Freunde gehören in Steuerklasse III.
Nicht zu verwechseln sind die Steuerklassen mit den Lohnsteuerklassen.
Steuern werden erst gezahlt, wenn der Freibetrag überschritten ist. Auch hier bevorzugt der Gesetzgeber nahe Verwandte des Verstorbenen. Die Steuersätze fallen bei Ehepartnern am geringsten, bei Nicht-Verwandten am höchsten aus. Zu ihnen zählen auch unverheiratete Lebenspartner.
Wert des Erbes | Steuerklasse I | Steuerklasse II | Steuerklasse III |
---|---|---|---|
bis 75.000 Euro | 7 Prozent | 15 Prozent | 30 Prozent |
bis 300.000 Euro | 11 Prozent | 20 Prozent | 30 Prozent |
bis 600.000 Euro | 15 Prozent | 25 Prozent | 30 Prozent |
bis 6.000.000 Euro | 19 Prozent | 30 Prozent | 30 Prozent |
bis 13.000.000 Euro | 23 Prozent | 35 Prozent | 50 Prozent |
bis 26.000.000 Euro | 27 Prozent | 40 Prozent | 50 Prozent |
über 26.000.000 Euro | 30 Prozent | 43 Prozent | 50 Prozent |
Beispiel
Max vererbt seiner Ehefrau ein Vermögen in Höhe von einer Million Euro. Davon zieht das Finanzamt den allgemeinen Freibetrag von 500.000 Euro ab. Da die Ehefrau keine Versorgungsbezüge erhält, kommen 256.000 Euro dazu. 756.00 Euro müssen demnach nicht versteuert werden. Auf die restlichen 244.000 Euro entfallen in Steuerklasse I elf Prozent Erbschaftssteuer an, demnach 26.840 Euro.
Erbschaftssteuer: Diese Ausnahmen gelten bei Immobilien
Tatsächlich greift das Finanzamt bei Erbschaften weniger zu als angenommen. Auch wenn der Höchstsatz von 50 Prozent Erbschaftssteuer gelten müsste, gibt es zahlreiche Ausnahmen, die dazu führen können, dass der Steuersatz sinkt oder gar nicht erst erhoben wird.
Dies betrifft unter anderem Immobilien. Wenn das geerbte Haus vom Erben weiterbewohnt wird, dann verzichtet der Staat auf die Steuer. Das gilt allerdings nur für Ehepartner, eingetragene Lebenspartner und Kinder. Für sie bleibt Wohneigentum im Erbfall steuerfrei, wenn:
- sie innerhalb von sechs Monaten in das Haus oder die Wohnung einziehen,
- die Immobilie als ersten Wohnsitz anmelden und
- sie mindestens zehn Jahre darin wohnen.
Innerhalb dieser Zeit darf die Immobilie nicht vermietet oder als Zweitwohnsitz genutzt werden. Sonst wird die Erbschaftssteuer rückwirkend erhoben. Ausnahme: Der Erbe hat einen triftigen Grund für einen Umzug, zum Beispiel in ein Pflegeheim. Für erbende Kinder gilt die Regelung nur für Immobilien bis maximal 200 Quadratmeter Wohnfläche. Zweit- und Ferienwohnungen fallen zudem nicht unter diese Regelung.
Die Steuerbefreiung gilt unabhängig vom Wert der Immobilie. Die Freibeträge der Erben können somit in voller Höhe für ein anderes Erbvermögen genutzt werden.
Steuerprivilegien bei Immobilien
Schenkungssteuer und Erbschaftssteuer bei Immobilien
Altes Haus geerbt: Steuerbefreiung nur bei zeitnahem Einzug
Sibylle Barent, Leiterin Steuer- und Finanzpolitik bei Haus und Grund Deutschland, macht auf ein weiteres Problem aufmerksam. Um die Einkommenssteuer zu umgehen, müssen Erben zeitnah in das Familienheim ziehen.
Das Finanzgericht Düsseldorf verhandelte vor Kurzem einen Fall, in dem die Mutter der Erbin im Juli 2016 verstarb. Die Tochter wollte in die von der Mutter bis zum Tod bewohnte Wohnung einziehen. Die Wohnung war aber stark renovierungsbedürftig. Die Tochter ließ die Wohnung über mehrere Wochenenden privat räumen und suchte nach Handwerkern. Aufgrund des Handwerkermangels verzögerte sich die Renovierung. Die Tochter konnte erst 2018 einziehen. Das Finanzamt und das Finanzgericht Düsseldorf sahen den Einzug 18 Monate nach dem Erbfall als nicht mehr unverzüglich an und verweigerten die Steuerbefreiung. Barent dazu:
Das Gericht setzt hier die strenge Linie ähnlicher Entscheidungen bei der Auslegung des Begriffs unverzüglich für die Steuerbefreiung des Familienwohnheims fort. Der Bundesfinanzhof hatte 2019 (Az.: II R 37/16) bereits eine Zeitspanne von sechs Monaten zwischen Erbfall und Einzug bemängelt. Auch dort war die Beauftragung von Handwerkern der Kern des Problems.
Hohe Immobilienpreise und Erbschaftssteuer: Erhöhung der Freibeträge steht aus - Update 2024 (KJ)
Im Rahmen des Jahressteuergesetzes für 2023 verschärfte die Bundesregierung die Regeln zur Wertermittlung von Immobilien. Die neue Berechnung orientiert sich am realistischen Verkaufswert eines Hauses oder einer Wohnung und ermittelt höhere Werte als die vorherige Methode. Sind Immobilien höher bewertet, fällt die Erbschaftssteuer höher aus.
Ein logischer Schritt wäre, nun auch die Freibeträge für Erbschaften anzuheben, die seit 2008 unverändert sind, obwohl sich Immobilien in dieser Zeitspanne massiv verteuert haben.
Fürsprecher einer Erhöhung der Erbschaftssteuer-Freibeträge
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schlägt eine Anhebung um 25 Prozent vor, die Union würde die Freibeträge gerne um zwei Drittel erhöhen. Im Bundestag wird über das Thema diskutiert, allerdings ist noch keine Entscheidung gefallen.
Bayern stellte im Juni 2023 beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG ) einen Antrag auf eine Überprüfung des Erbschaftssteuergesetzes. Deutschlands oberstes Gericht muss nun darüber entscheiden, ob Freibeträge erhöht, Steuersätze gesenkt und die Erbschaftssteuer regionalisiert werden kann.
Bayern sieht sich in Bezug auf die Erbschaftssteuer benachteiligt, weil in vielen Regionen die Immobilienpreise besonders stark gestiegen sind. Jeder müsse sein Elternhaus erben können, „ohne dass die Erbschaftsteuer ihn zum Verkauf zwingt“, sagte der bayerische Finanzminister Albert Füracker (CSU).
Die Entscheidung zum Erbschaftssteuergesetz aus Karlsruhe steht aus und kann auf sich warten lassen; häufig vergeht mehr als ein Jahr bis die obersten Richter ein Urteil verkünden.
Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW ) schreibt zur aktuellen Erbschaftssteuer, dass durch gestiegene Immobilienpreise und gleichbleibende Freibeträge jährlich 40.000 Personen mehr zur Erbschaftssteuer veranlagt würden als vor zehn Jahren, das entspreche einem Zuwachs von einem Drittel.
Es würden vor allem die „armen Reichen“ belastet, die Immobilien bis zu höheren einstelligen Millionenbeträgen erbten, da es bei diesen Vermögen nur wenige Gestaltungsmöglichkeiten gebe. Der DIW-Experte befürwortet eine deutliche Anhebung der Freibeträge und zugleich einen Abbau der Vergünstigungen für das Erben von Unternehmen beziehungsweise Unternehmensbeteiligungen.
Auch der Eigenheimerverband Bayern fordert eine Reform der Erbschaftssteuer sowie eine Verdoppelung des Freibetrags für Kinder, um den Erhalt von Wohneigentum zu fördern.
Ansonsten steige der Druck, die geerbte Immobilie sofort zu verkaufen, um die Erbschaftssteuer zu bezahlen, so die Fürsprecher. Erben können aber eine Stundung beziehungsweise Ratenzahlung beim Finanzamt beantragen. Hierzu müssen sie allerdings ihre Vermögensverhältnisse offenlegen. Eine Beleihung der Immobilie ist die Alternative. Allerdings kann dies mit den aktuell steigenden Zinsen recht kostspielig werden.
Höhere Freibeträge für Erben?
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