Altersgerechtes Umbauen
Altersgerecht umbauen: Warum sich frühe Planung lohnt
Zu Hause alt werden – damit das gelingt, müssen die eigenen vier Wände frei von Stolperfallen sein. Architektin Angelika Russ nennt die wichtigsten altersgerechten Umbauten sowie Fördermöglichkeiten dafür und erklärt, warum man sich lieber früher als später mit diesem Thema beschäftigt.

Wohnen bleiben, wo man sich sicher fühlt, wo Umgebung und Nachbarn bekannt sind und es gute Erinnerungen gibt: Zwei Drittel der über Sechzigjährigen wünschen sich das, wie eine aktuelle Allianz-Umfrage zeigt. Gleichzeitig sind viele Senioren der Meinung: „Um Barrierefreiheit kümmere ich mich dann, wenn es notwendig ist.“ Denn niemand stellt sich gerne vor, dass wenige Stufen vor der Haustür einmal zum Hindernis werden könnten.
„Die meisten Menschen lassen sich erst in einer Notsituation beraten, weil sie etwa nach einer Operation in ihrer Mobilität eingeschränkt sind“
, sagt Architektin und Gerontologin Angelika Russ, die bei dem Kompetenzzentrum Barrierefreies Wohnen in München arbeitet.
„Dann besteht wenig Spielraum. Oft ist ein Umbau nicht mehr realisierbar, da der Aufwand zu groß ist und keine Zeit bleibt, Fördermittel zu beantragen. Im schlimmsten Fall müssen Betroffene ins Pflegeheim umziehen.“
Die Architektin bezeichnet altersgerechtes Wohnen als Vorsorgemaßnahme mit Vorteilen, die ab sofort wirken: Barrierefreiheit ist Komfort, stärkt die Selbstständigkeit, beugt Unfällen vor und erleichtert die Pflege, falls sie notwendig ist.
Wann ist also ein guter Zeitpunkt, sich mit dem Thema barrierefreies Wohnen und altersgerechtes Umbauen des eigenen Zuhauses zu befassen? Angelika Russ empfiehlt, sich möglichst früh zu überlegen:
- Will ich in meinem Haus/meiner Wohnung alt werden?
- Kann ich mir die Immobilie als Rentner leisten?
- Ist die Lage im Alter passend? Gibt es öffentliche Verkehrsmittel, Parkplätze, Einkaufsläden und Ärzte in der Nähe?
- Gibt es jemanden, der mich während und nach dem Umbau unterstützt?
Immobilienbesitzer haben häufig einen großen Teil ihres Vermögens in ihrem Haus oder in ihrer Wohnung gebunden; für Unterhalt und Alltagsbedarf reichen kleinere Renten kaum aus. Eine Immobilienverrentung ermöglicht, zu Hause wohnen zu bleiben und finanzielle Mittel aus der Immobilie frei zu setzen. In unserem Ratgeber Immobilienrente & Teilverkauf stellen wir unterschiedliche Modelle vor. Da Verrentungsmodelle viel Geld kosten, ist es sinnvoll, vor Abschluss eines Vertrages zu klären: Kann ich in meinem Haus auch dann wohnen, wenn ich einmal weniger mobil sein sollte? Lässt sich mein Haus altersgerecht umbauen? Welche Kosten kommen auf mich zu?
Seniorenfinanzierung
Wie altersgerecht ist meine Wohnung?
Wenn klar ist, ich möchte in meiner Immobilie wohnen bleiben und kann sie mir als Rentner leisten, folgt als Nächstes die Bestandsaufnahme. Wie altersgerecht ist mein Wohnraum? Was lässt sich mit wenig Aufwand ändern? Welche Umbauten sind komplex und teuer?

Bei der Bestandsaufnahme hilft eine neutrale Beratung von jemandem, der einem nichts verkaufen will. Auf der Internetseite der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnraumanpassung findet sich eine Liste regionaler Beratungsstellen ; zudem helfen die online-wohn-beratung.de oder die digitale Wohnberatung in Bayern weiter. All diese Stellen beraten kostenlos und unverbindlich. In München kommen die Berater, wenn nötig, ins Haus. Diesen Service bieten nicht alle Beratungsstellen an.
„Eine Beratung hilft, die eigene Wohnsituation realistisch einzuschätzen und zu überlegen, wie viel man ändern kann, möchte und welche Summe man dafür in die Hand nehmen will“
erklärt Angelika Russ. Für viele Probleme gebe es sowohl kleine als auch große Lösungen.
„Und manchmal gibt es leider keine sinnvolle Lösung, die Umbaukosten wären zu hoch oder wir sind der Meinung, dass jemand im Betreuten Wohnen oder in einem Pflegeheim besser aufgehoben wäre. Dann kommunizieren wir das klar und deutlich.“
Altersgerechten Umbau in Ruhe durchdenken
Stehe bereits ein konkreter Umbau an, so könne man sich mit einem neutralen Berater auf das Gespräch mit Handwerkern vorbereiten. „Wer gut informiert ist und argumentieren kann, tritt selbstbewusst auf. Er lässt sich nichts verkaufen, was er nicht braucht“, sagt die Architektin und weist auf etwas hin, was in jeder Verkaufssituation gilt: Sich Zeit nehmen, Angebote vergleichen und nicht zur Unterschrift drängen lassen.

Mit einem Rundgang von der Straße über den Zugang ins Haus, die Wohnung und durch alle Zimmer kann man das Thema altersgerecht Umbauen zunächst ohne professionelle Hilfe angehen. Der Fokus liegt auf Beleuchtung, Stufen, Stolperschwellen und dem gesamten Badezimmer. Fragen, die bei der Bestandsaufnahme helfen: Wie komme ich zurecht, wenn ich weniger gut sehe, wenn ich unsicher auf den Beinen bin und einen Gehstock benötige? Wo kann ich mich festhalten? Könnte ich in der Wohnung einen Rollator nutzen?
Eine weitere sinnvolle Überlegung: Wäre es möglich, den Lebensmittelpunkt ins Erdgeschoss zu verlegen? Könnte man unten ein Badezimmer einbauen, etwa wenn man Gäste-WC und Garderobe verbindet?
Barrierefreie Wohnung
Barrierefreiheit im Wohnungseigentum: Zwei BGH-Urteile stärken Umbauansprüche
Stufen überwinden trotz eingeschränkter Mobilität
In nahezu jeder Beratung geht es um Stufen, Schwellen sowie Treppen und darum, wie sie sich trotz eingeschränkter Mobilität meistern lassen.
„Zuerst spreche ich die Beleuchtung an“, sagt Architektin Russ. „Wenn ich Stolperschwellen und Stufen sehe, sind sie weniger gefährlich.“
Als weitere kleine Lösung nennt sie Handläufe für alle Stufen und Treppen, am besten beidseitig.
„Handläufe und Geländer lassen sich fast überall günstig nachrüsten; sie ermöglichen mehr Selbstständigkeit und senken die Unfallgefahr.“
Sobald jemand auf einen Rollator angewiesen ist, reicht ein Handlauf nicht aus. Rampe oder Treppenlift werden nötig. „Eine Rampe an die Eingangsstufen zu legen, hört sich einfach an“, sagt Russ. Sie benötige jedoch viel Platz. Für eine sichere Nutzung sei bei zwei Stufen eine Rampenlänge von etwa sechs Metern erforderlich.
Wenn die Treppe ins nächste Stockwerk aus eigener Kraft nicht mehr bewältigt werden kann, hilft im Privathaus meist nur ein Treppenlift, den es je nach Bedarf als Sitz- und Plattformlift gibt.
„Treppensitzlifte lassen sich in vielen Fällen problemlos einbauen“
, sagt Russ. Ein Lift für eine gerade Treppe koste etwa ab 5000 Euro, bei einer kurvigen Treppe müsse man mit rund 10.000 bis 12.000 Euro rechnen.
„Ein drehbarer Sitz erleichtert das Ein- und Aussteigen, kostet aber mehr. Wir können in der Beratung keine Produktnamen nennen, aber wir sagen, worauf es ankommt.“
Im Verhältnis bekomme man mit einem Treppenlift viel für sein Geld. Dank des Lifts kann man das obere Stockwerk mitbenutzen und hat daher den doppelten Wohnraum zur Verfügung.

Privatsphäre im Badezimmer
Das zweite große Thema in der Beratung zu altersgerechtem Wohnen ist das Badezimmer.
„Im Bad ist Intimsphäre besonders wichtig, deswegen möchte ich dort so lange wie möglich selbstständig sein“
, sagt Angelika Russ. Zu den kleinen Lösungen gehören Haltegriffe und ein Sitz in Dusche oder Badewanne sowie ein erhöhtes WC. Aufwendiger und kostenintensiver ist es, die Badewanne gegen eine schwellenfreie Dusche auszutauschen. Zum einen werde dadurch das Duschen einfacher und sicherer, zum anderen gewinne man Platz, der für die Pflege vielleicht einmal nötig wird.
„Denn dann muss man dort vielleicht mit einem Rollator rangieren oder zwei Personen müssen sich im Badezimmer bewegen können.“
Barrierefreiheit bei Modernisierung mitdenken
Steht eine Modernisierung oder energetische Sanierung an, rät die Architektin, barrierefreie Aspekte grundsätzlich mitzudenken, egal wie jung und mobil man ist.
„Renovieren kostet mit oder ohne Barrierefreiheit viel Geld; da lohnt es sich, zwei Dinge auf einmal zu erledigen.“

Für ein neues Bad müsse man heute mit rund 30.000 Euro rechnen. 2012, als sie bei der Beratungsstelle angefangen habe, konnte ein Bad noch für 15.000 Euro komplett renoviert werden. Selbst ein Teilumbau, bei dem nur die Badewanne durch eine Dusche ersetzt wird, sei kaum für weniger als 10.000 Euro zu haben.
Werden bei einer energetischen Sanierung Fassade oder Fenster neu gemacht, ist das ein guter Moment, um Handläufe einzuplanen, eine Terrassentür ohne Schwellen oder leicht erreichbare Fenstergriffe einzubauen.
Finanzielle Zuschüsse
„Wenn wir in der Beratung über die Kosten sprechen, zucken viele zusammen“, sagt Angelika Russ. Doch wenn man sich überlege, dass jeder Moment zu Hause ein Gewinn an Lebensqualität sei, relativierten sich die Kosten. Russ empfiehlt zudem, die Alternativen durchzudenken.
„Ein Pflegeheimplatz kostet je nach Heim und Bundesland meist mehr als 3000 Euro, oft sogar 4000 Euro im Monat. Kann ich aufgrund der barrierereduzierten Wohnsituation zu Hause wohnen bleiben, amortisiert sich ein Treppenlift oder Badumbau in einigen Monaten. Und oft ermöglicht erst ein Umbau, zu Hause Pflegehilfe in Anspruch zu nehmen.“
Pflegeheimbewohner kosten den Staat viel Geld.
„In der stationären Pflege brauchen 42 Prozent der Patienten finanzielle Hilfe“
, sagt Russ. Der Staat käme günstiger weg, wenn er Menschen, die zu Hause wohnen möchten, stärker unterstützen würde.

Aktuell gibt es nur ein bundesweites Förderprogramm: Die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) fördert altersgerechtes Umbauen mit dem Kredit Nr. 159 von bis zu 50.000 Euro zu günstigen Konditionen. Sowohl Eigentümer als auch Mieter können das Programm – solange verfügbar – unabhängig vom Alter in Anspruch nehmen.
Der KfW-Investitionszuschuss Nr. 455-B für Barrierereduzierung kann aktuell nicht beantragt werden, bereits bewilligte Anträge werden aber ausgezahlt. Der Zuschuss soll wieder aufgenommen werden – es lohnt sich also, regelmäßig auf der KfW-Seite nachzusehen. Das Bayerische Wohnungsbauprogramm, das für barrierefreie Umbauten leistungsfreie Darlehen von bis zu 10.000 Euro gewährte, liegt ebenfalls auf Eis.
Personen mit Pflegegrad können unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 4180 Euro der pflegerelevanten Umbaukosten von der Pflegekasse erstattet bekommen. Der Umbau darf erst beginnen, wenn der Antrag bewilligt ist.
Manchmal ist ein Privatkredit nötig: In unserem Artikel zur Seniorenfinanzierung stellen wir unter anderem Kreditangebote für über 60-Jährige vor.
Anbieter und Zinsen im Check
Welche Konditionen haben Modernisierungskredite?
Altersgerechter Umbau im Gemeinschaftseigentum und in Mietwohnungen
Ob und wie Mieter in Mietwohnungen Barrieren reduzieren dürfen, ist im BGB § 554 geregelt. Das Thema ist umfassend und soll hier nur kurz angesprochen werden. Grundsätzlich muss ein Mieter jede bauliche Veränderung in einer Mietwohnung mit seinem Vermieter absprechen. Gegen den Willen des Vermieters darf der Mieter keinerlei (altersgerechte) Umbauten vornehmen.

Geht es um Barrierefreiheit in gemeinschaftlichem Wohneigentum, lässt der Gesetzgeber Spielraum. In unserem Artikel Barrierefreiheit im Wohnungseigentum stellen wir zwei aktuelle BGH-Urteile vor, die Umbauansprüche im Gemeinschaftseigentum stärken. Dabei geht es zu einem um eine erhöhte Zufahrtsrampe vor dem Haus, zum anderen um den Einbau eines Personenaufzugs. Um- und Einbauten, die nicht grundsätzlich „unzumutbar“ sind oder eine Wohnanlage „grundlegend umgestalten“, haben Aussicht auf Genehmigung. Dabei gilt: Wer offen kommuniziert und ein gutes Verhältnis zu den Miteigentümern pflegt, hat bessere Chancen auf die Erlaubnis. Die Miteigentümer profitieren zwar von den Umbauten, die Kosten in den genannten Beispielen muss der jeweilige Antragssteller jedoch alleine tragen.
Barrierefreie Wohnungen in Deutschland
Damit eine Wohnung offiziell als „barrierefrei“ gilt, muss sie DIN 18040-2 erfüllen. Die Bayerische Architektenkammer bietet eine Broschüre zur Norm kostenfrei zum Herunterladen an.
„Diese Norm ist in Bestandsimmobilien nicht einfach oder gar nicht zu erreichen. Sie bietet aber wichtige Anhaltspunkte für individuelle Kompromisse“
, sagt Architektin Russ.
Wohnungen, die nach DIN 18040 gebaut werden, sind Mangelware. Nach einer Studie des IW Köln von 2023 fehlen in Deutschland bis zu zwei Millionen barrierefreie Wohnungen, Tendenz steigend. Für zwei von drei Haushalten, die darauf angewiesen wären, gebe es keine entsprechenden Wohnungen, so die Studie. Die Zahl der mindestens 65-Jährigen ist laut Statistischem Bundesamt seit 1991 von 12 Millionen auf 19 Millionen im Jahr 2024 angestiegen.
Da sich der Mangel an altersgerechtem Wohnraum zunehmend verschärft, müssen Menschen, die darauf angewiesen sind, ihn häufig selbst schaffen. Würde der Staat die Förderung für altersgerechtes Umbauen ausweiten statt kürzen, wäre das ein Zeichen dafür, dass das Problem erkannt und Eigeninitiative erwünscht ist.

Vorausschauend umbauen, unbeschwert wohnen
Eines ist Angelika Russ in der Beratung besonders wichtig: Sie möchte niemandem Angst machen.
„Alter ist nicht per se Gebrechlichkeit; viele Senioren sind rüstig.“
Einen altersgerechten Umbau nennt sie eine Vorsorgemaßnahme, auf die man vielleicht nie angewiesen sein wird. Doch er macht das Leben so oder so unbeschwerter.
Ein Eingang ohne Stufen oder mit Rampe ist mit schweren Einkaufstüten besser zu passieren, mit Bierkästen oder Kinderwagen und beim Umzug ebenfalls. Von gutem Licht oder Treppengeländern profitiert jeder, selbst wenn er nicht darauf angewiesen ist.
„So ein Umbau ist zuerst ein Riesenberg, dann eine riesige Erleichterung. Ich habe noch nie von jemandem gehört, dass er sich nicht gelohnt hat“
, berichtet Russ aus ihrer Erfahrung.
Manchmal stehen ästhetische Bedenken dem altersgerechten Umbau im Weg. Niemand möchte in einer Wohnung leben, die nach Krankenhaus aussieht. Die Ausstellung des Münchner Kompetenzzentrums „Barrierefreies Wohnen“ , die auch online besucht werden kann, zeigt, was an Wohnlichkeit trotz altersgerechter Umbauten und Möbel möglich ist. Das Fazit der Architektin:
„Barrierefrei geht auch in schön.“
EU-Gebäuderichtlinie
EU-Gebäuderichtlinie: Was auf Hausbesitzer jetzt zukommt
Kredit für Senioren
Kredit für Senioren über 70: Hier gibt es unabhängige Beratung
Was lohnt sich?
Mieten oder kaufen? Vorteile und Nachteile
Wohnform Einfamilienhaus
Ist das Einfamilienhaus noch zukunftsfähig?
Heizkosten Preisentwicklung
Heizkosten 2025/2026: Die nächste Kostenwelle rollt an
Ausdruck: 20.12.2025
© IMMO.info gemeinnützige GmbH









