Wertermittlung Immobilie Schenkung
Wertermittlung bei der Schenkung einer Immobilie – Welche Gutachten werden anerkannt?
Wer eine Immobilie verschenken möchte, aber auch derjenige, dem eine Immobilie geschenkt wird, sollte den Wert derselben genau kennen. Die Wertermittlung einer Immobilie bei einer Schenkung mittels eines Gutachtens ist entscheidend für die Berechnung der Schenkungssteuer und damit auch für die optimale Ausnutzung von Freibeträgen.
Erfahren Sie im nachfolgenden Artikel, welche Arten von Gutachten es gibt, wann sie erforderlich sind und welche überhaupt vom Finanzamt anerkannt werden – inklusive Tipps zur Auswahl des richtigen Bewertungsverfahrens.
Warum ist die Wertermittlung bei einer Schenkung so wichtig?

Die Wertermittlung einer Immobilie bei einer Schenkung ist ein entscheidender Schritt, um steuerliche Fragen korrekt zu klären und auch, um mögliche Konflikte zu vermeiden. Sie spielt eine zentrale Rolle bei der Berechnung der Schenkungssteuer und kann Einfluss darauf haben, ob Freibeträge überschritten werden oder nicht.
Gerade bei Immobilientransaktionen innerhalb der Familie – zum Beispiel, wenn Eltern ihr Haus oder ihre Wohnung an ihre Kinder übertragen – ist es wichtig, den Immobilienwert möglichst genau und rechtssicher zu ermitteln. Landläufig ist bekannt, dass man für die Bewertung von Immobilien Gutachten nutzt. Aber:
Der Verkehrswert als Bemessungsgrundlage
Bei der Schenkung von Immobilien verlangt das Finanzamt eine steuerliche Bewertung des Objekts, um die sog. “Bemessungsgrundlage” für die zu zahlende Steuer festzulegen. Grundlage für die Berechnung der Schenkungssteuer ist der tatsächliche Verkehrswert. Die gesetzliche Grundlage dafür, welche Bewertungsverfahren zur Wertermittlung möglich sind, ist das Bewertungsgesetz (BewG ).
Hiernach können Verkehrswerte für Immobilien mittels verschiedener Verfahren bestimmt werden- also etwa mittels Vergleichswertverfahrens (man vergleicht die zu bewertende mit bereits verkauften Immobilien), mittels Ertragswertverfahren (es wird ein Wert aus erzielbarer Miete, dem Bodenwert sowie den Bewirtschaftungskosten gebildet) oder mittels Sachwertverfahrens (Haus und Bodenwert werden zur Wertermittlung herangezogen).
Unterschiedliche Verfahren zur Erstellung einer Immobilienbewertung:
Verkehrswert, Kriterien und Verfahren
Die Relevanz von Steuerfreibeträgen

Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz sieht vor, dass Schenkungen, die zwischen Verwandten erfolgen, gewissen steuerlichen Vergünstigungen unterliegen sollen. Deshalb können beispielsweise beschenkte Kinder oder Ehegatten sogenannte Freibeträge für sich nutzbar machen, die die Bemessungsgrundlage absenken.
Die Freibeträge richten sich immer nach dem Verwandtschaftsgrad. Demnach können die folgenden Freibeträge genutzt werden:
- Kinder: 400.000 €
- Ehepartner: 500.000 €
- Enkel: 200.000 €
Mehr zu Freibeträgen bei Schenkungen:
Freibeträge nutzen
Erbschaftssteuer: Welcher Freibetrag gilt und wie lässt sich sparen?
Liegt der ermittelte Wert unter dem jeweiligen Freibetrag, fällt folglich keine Schenkungsteuer an. Wird der Freibetrag überschritten, ist der übersteigende Betrag steuerpflichtig.
Alle zehn Jahre können die Freibeträge erneut ausgeschöpft werden. Frühzeitig begonnen, kann gerade Immobilieneigentum auf diese Art und Weise steuersparend übertragen werden, indem alle zehn Jahre der Freibetrag neu ausgeschöpft wird.
Beispiel:
Eine Mutter überträgt ihrem Sohn eine Immobilie. Wird der Wert auf 380.000 € festgesetzt, bleibt die Übertragung steuerfrei. Liegt der Wert hingegen bei 450.000 €, muss auf 50.000 € Schenkungssteuer gezahlt werden.
Schenkung mit Nießbrauch, Freibeträgen und mehr
Steuern sparen mit Schenkung von Immobilien
Mehr zu Bewertungsmethoden und Berechnungsgrundlagen finden Sie hier:
Verkehrswert, Kriterien und Verfahren
Gutachten und ihre Verwendung
Nicht jedes Gutachten dient demselben Zweck. Die Wahl des Gutachtens sollte davon abhängen, ob es lediglich um eine Orientierung geht oder ob man eine rechtssichere Vorlage beim Finanzamt benötigt.
Verkehrswertgutachten
Das Verkehrswertgutachten legt den Marktwert der Immobilie nach § 194 BauGB zugrunde. Es wird in der Regel von zertifizierten Immobiliengutachtern erstellt und wird oft auch “Vollgutachten” genannt.
- Vorteil: Hohe Genauigkeit, für steuerliche Zwecke geeignet.
- Nachteil: Verkehrswertgutachten sind aufgrund ihres Umfangs meist kostenintensiv. In der Regel liegen die Kosten für ein Verkehrswertgutachten bei € 2.500-3.000.
- Typische Nutzung: Steuerliche Bewertung, Kaufpreisfindung, Erbauseinandersetzungen.
- Details zu Kosten: Immobilienbewertung Kosten
Kurzgutachten
Ein Kurzgutachten ist eine kompaktere Variante des Verkehrswertgutachtens und wird oft für den Zustand eines Hauses verwendet, also beispielsweise, um eine energetische Überprüfung (Isolation etc.) vorzunehmen.
- Vorteil: Günstiger, schneller erstellt.
- Nachteil: Nicht immer vom Finanzamt anerkannt.
- Typische Nutzung: Erste Orientierung, interne Vermögensplanung.
Anerkennung von Gutachten durch das Finanzamt

Das Finanzamt akzeptiert in der Regel nur Gutachten, die den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und von qualifizierten, unabhängigen Gutachtern erstellt wurden. Wichtig ist, dass die Bewertung auf den Methoden der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV ) basiert.
Wenn das Finanzamt den Wert anzweifelt, kann es:
- Einen höheren Wert festsetzen oder
- Selbst ein Gutachten in Auftrag geben.
In solchen Fällen ist es vorteilhaft, bereits frühzeitig ein rechtssicheres Verkehrswertgutachten vorzulegen, um Diskussionen zu vermeiden.
Es empfiehlt sich jedoch auch, sich rechtlichen Rat einzuholen, um den Wert einer Immobilie so festzustellen, dass eine Anerkennung beim Finanzamt möglich ist. Als gutes Beispiel dafür, dass ein eigentlich rechtssicheres Verkehrswertgutachten eben gerade nicht anerkannt wurde, macht das Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen vom 6. September 2018 (Aktenzeichen 1 K 68/17) deutlich:
Beispielsfall Finanzgericht Niedersachsen
Sachverhalt
Eine Erbin veräußerte ein geerbtes Einfamilienhaus zehn Monate nach dem Erbfall für 460.000 €. Ihrer Steuererklärung legte sie ein Gutachten mit einem Verkehrswert von 220.000 € zugrunde.
Das Finanzamt setzte jedoch zunächst 320.000 € an – ermittelt über einen Online-Immobilienpreiskalkulator (IPK).
Im Einspruchsverfahren forderte es den Gutachterausschuss auf, die Immobilie einzuwerten.
Dieser nannte 480.000 € als Vergleichswert. Schließlich legte das Finanzamt den Grundbesitzwert auf 460.000 € fest.
Die Erbin klagte – mit Beteiligung amtlicher Gutachten und Einschätzungen. Am Ende behielt das Gericht den vom Finanzamt angewandten Wert von € 460.000 bei.
Zwei zentrale Grundsätze aus dem Urteil
1 Umfang der gerichtlichen Überprüfung
Die Gerichte dürfen Vergleichspreise, die von Gutachterausschüssen gem. § 183 Abs. 1 Satz 2 BewG mitgeteilt wurden, lediglich auf offensichtliche Fehler prüfen. Das heißt: Keine umfassende fachliche Neubewertung, sondern nur Kontrolle auf grobe Unrichtigkeiten.
2 Vergleichspreis versus Gutachten
Ein Sachverständigengutachten steht nicht automatisch über einem stichtagsnahen Verkaufspreis. Hat der Steuerpflichtige eine Immobilie in engem zeitlichen Zusammenhang zum Bewertungsstichtag veräußert, kann dieser tatsächliche Verkaufspreis einen fundierten Hinweis auf den gemeinen Wert darstellen – und wie im Fallbeispiel den Verkehrswert belegen.
Fazit des Urteils
Das Finanzgericht Niedersachsen unterstreicht in diesem Urteil, dass zeitnah zur Bewertung erzielte Kaufpreise für Immobilien gewichtige Nachweise zur Festlegung des Verkehrswerts von Immobilien sind und im Zweifel sogar stärker zählen als ein Gutachten. Wo der “wahre” Wert einer Immobilie liegt, ist also von vielen Faktoren abhängig- am stärksten zählt jedoch gem. dieses Urteils die Antwort auf die Frage, was der Markt für eine entsprechende Immobilie zu zahlen bereit ist.

Fazit
Die Wertermittlung einer Immobilie ist ein entscheidender Faktor für die steuerliche Planung.
- Für einfache Fälle und eine grobe Orientierung kann ein Kurzgutachten ausreichen.
- Bei höheren Werten, strittigen Fällen oder auf Nachfrage des Finanzamts empfiehlt sich unbedingt ein anerkanntes Verkehrswertgutachten oder ein amtliches Gutachten.
So lässt sich beispielsweise die Schenkungssteuer optimal kalkulieren, Freibeträge gezielt ausnutzen und spätere Auseinandersetzungen vermeiden.
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