Immobilien Zwangsversteigerung

Immobilien Zwangsversteigerung: Wie sie zu verhindern ist

Nach zehn Jahren Zinsbindung steht für viele Kredite die Anschlussfinanzierung an. Wer sich 2015 einen Zinssatz von 1,7 Prozent sicherte und die Immobilienfinanzierung knapp kalkulierte, den könnten höhere Zinsen existenziell bedrohen. Experten befürchten mittelfristig eine Welle von Immobilien Zwangsversteigerungen in Deutschland. IMMO.info sprach mit Fachanwalt Stefan Schmid darüber, wie man eine Zwangsversteigerung verhindert.

Autor: KJ Redaktion und Experten | Veröffentlicht: 03.08.2023 | Lesezeit: 23 Minuten | Drucken

Immobilien Zwangsversteigerung Haus

Was ist zu tun, wenn die Zwangsversteigerung droht?

Das eigene Zuhause – ohne Immobilienkredit führt kaum ein Weg dorthin. Dieser Kredit muss bedient werden, in guten wie in schlechten Zeiten. Für Immobilienbesitzer, die sich günstige Konditionen sicherten und deren Kredit demnächst ausläuft, sind die Zeiten eher schlecht. „Schon 2014, vor allem 2015 waren die Bauzinsen ziemlich günstig. Verbraucher mit einer Zinsbindung von zehn Jahren benötigen in den kommenden Jahren eine Anschlussfinanzierung. Wer damals die Finanzierung auf Kante nähte, der wird eine Vier vor dem Komma kaum verkraften“, sagt Stefan Schmid, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht.
Rechtsanwalt Stefan Schmid Immobilienrecht-Dresden Fachanwalt Mietrecht

Stefan Schmid, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Stefan Schmid ist seit 1994 Rechtsanwalt in Dresden und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Rechtsanwalt Stefan Schmid war in Großkanzleien in München tätig und leitet in Dresden die Kanzlei immobilienrecht-dresden.de  mit den Schwerpunkten privates Immobilienrecht und Mietrecht, Bau- und Architektenrecht, Verwaltungs- und Gesellschaftsrecht.

Auch Lebenskrisen wie Jobverlust, Scheidung oder Krankheit können die Haushaltskasse ins Minus und Darlehensnehmer in Zahlungsrückstand bringen. Ein weiteres finanzielles Risiko für Hausbesitzer sind teure gesetzlich vorgeschriebene energetische Sanierungen.

Immobilien Zwangsversteigerung ZVG Portal

Finanzielle Not hat unterschiedliche Ursachen. Im schlimmsten Fall droht die Zwangsversteigerung der Immobilie. Wie können Eigentümer diese verhindern?

Wenn die Raten des Immobilienkredits monatelang nicht gezahlt werden, wenn der Schuldner und die Bank als Gläubiger keine Lösung finden, bleibt der Bank als letztes Mittel die Zwangsversteigerung. Die Zwangsversteigerung ist für einen Immobilienbesitzer ein Worst-Case-Szenario. Er verliert sein Haus und hat keinen Einfluss auf den Verkaufspreis, eventuell liegt er deutlich unter dem wirklichen Wert. Und vielleicht ist er zu gering, um damit seine Bankschulden zu tilgen. „Falls das Geld für die Restschuld nicht aufgebracht wird, folgt die Privatinsolvenz, die alle Vermögenswerte betrifft“, warnt Fachanwalt Schmid.

Für Anwälte und Amtsgerichte mag eine Zwangsversteigerung nahezu tägliches Brot sein, für den Schuldner ist sie eine existenzbedrohende Angelegenheit.

1. Die Situation ernst nehmen und einen Immobilienverkauf in Betracht ziehen

Lange bevor ich ein offizielles Schreiben zur Zwangsversteigerung bekomme, weiß ich selbst, dass ich mein Darlehen nicht ordnungsgemäß abzahlen kann. Dieser Situation muss ich mich stellen.

„Das erste große Problem ist vorgelagert und mental, nicht juristisch oder finanziell“, sagt der Immobilienrechtsexperte Schmid. Es heißt: „Ab welchem Zeitpunkt bin ich bereit, mich gedanklich von der Immobilie zu trennen?“ Das klingt hart, doch Schmid empfiehlt eindringlich, sich diese Frage zu stellen. Und zwar schon dann, wenn sich abzeichnet, dass ich den Kredit nicht dauerhaft zahlen kann. Rückt die Zwangsversteigerung in greifbare Nähe, zieht sie einen schnell in ihren Strudel, aus dem man kaum wieder herauskommt.

Eine drohende Zwangsversteigerung endet nicht unbedingt mit der Zwangsversteigerung, aber doch meist mit dem Verlust der Immobilie. (Stefan Schmid, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentums-Recht)

Wenn die Immobilie schon verloren geht, dann doch zumindest so, dass möglichst viel Geld dabei herausspringt. Die besten Chancen dazu bringt ein freihändiger Verkauf am Markt, der ohne Zeitdruck erfolgt.

2. Mit der Bank sprechen und Lösungswege finden

Der Schock, dass ich künftig weniger Einkünfte habe und deswegen meinen Kredit nicht tilgen kann, kommt vielleicht schnell und unerwartet, etwa während der Kündigungsfrist. Aber der Moment, in dem ich tatsächlich nicht mehr zahlen kann, tritt in der Regel erst später ein. „Die meisten Immobilienbesitzer haben finanzielle Reserven“, sagt Schmid. In dieser Zeitspanne löse ich entweder mein Problem, oder ich verkaufe die Immobilie.

Der Rechtsanwalt empfiehlt, schon früh mit der Bank zu sprechen: „Wir haben da ein finanzielles Problem, das könnte sich auswachsen. Wir können noch ein bis zwei Jahre stemmen, danach wird es eng. Welche Möglichkeiten sehen Sie?“

Sprechen Sie möglichst früh mit der Bank

Grundsätzlich gilt: Die Bank ist nicht an einer Zwangsversteigerung interessiert, da sie Kosten von bis zu 5000 Euro mit sich bringt. Die Bank will lediglich ihr Geld zurückhaben.

Zwei Wege wie Schuldner Hilfe von der Bank bekommen

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Problemlösung mit der Bank: Entgegenkommen bei der Rückzahlung des Immobilienkredits, um eine Zwangsversteigerung zu verhindern.

Um ihr Geld zurückzubekommen, kann die Bank den Schuldner auf zwei Wegen unterstützen. Entweder verschafft sie ihm mehr Zeit und passendere Konditionen, damit er sein finanzielles Problem selbst lösen kann. Oder sie vermittelt das Objekt über die eigene Immobilienabteilung zum Verkauf.

Verkauf der Immobilie über die Immobilienabteilung der Bank

Ob die Bank sich mehr für die Weitervermittlung der Immobilie interessiert oder sich bemüht, den Erhalt der Immobilie zu ermöglichen, kommt auch auf das persönliche Verhältnis zum Bankberater an. Zudem spielt eine Rolle, ob die Bank eine starke Immobilienabteilung hat oder ob sie die Immobilienvermittlung als Nebengeschäft sieht.

Entgegenkommen der Bank hinsichtlich Rückzahlung des Kredits

Nur wenn eine Lösung der finanziellen Probleme absehbar und realistisch ist, macht es Sinn, dass die Bank dem Schuldner Aufschub gewährt. Sie könnte den Kredit für eine gewisse Zeit stunden oder die Tilgungsrate senken. Allerdings fallen bei niedrigerer Tilgung insgesamt mehr Zinsen an, weil die Rückzahlung entsprechend länger dauert.

3. Zeitrahmen definieren, um die drohende Zwangsversteigerung zu verhindern

Will ich also versuchen, die finanzielle Lücke zu schließen und die Immobilie zu halten, rät Schmid dringend dazu, sich einen zeitlichen Rahmen zu setzen. „An diesen Rahmen muss ich mich strikt halten, sonst kommt die Zwangsversteigerung immer näher und ein freihändiger Verkauf meines Hauses oder meiner Wohnung wird unmöglich“. Denkbar wäre etwa, sich weitere neun Monate für die Jobsuche zu geben.

Im Falle einer drohenden Zwangsversteigerung hier und da Geld aufzutreiben, bezeichnet Schmid als „unkontrolliertes Strampeln im Wasser“. Erst das Auto verkaufen, dann die Münzsammlung, schließlich Geld von Freunden leihen und so einen Monat und noch einen Monat zu retten – das verzögert die Zwangsversteigerung nur, weiß Schmid aus Erfahrung.

Habe ich innerhalb meines zeitlichen Rahmens mit meinem Lösungsversuch keinen Erfolg, habe ich etwa keinen neuen Arbeitsvertrag bekommen, muss ich mich damit abfinden: Ich werde diese Immobilie verlieren.

Sobald ich das akzeptiert habe, geht es darum, möglichst viel Geld aus meinem Haus oder meiner Wohnung zu holen.

4. Immobilie freihändig verkaufen oder über die Gläubiger-Bank

Dabei bleibt jedem überlassen, ob er seine Immobilie selbst verkauft oder einen Makler zwischenschaltet. Doch sicher ist es eine gute Wahl, wenn die Bank, bei der man die Schulden hat, sich um den Immobilienverkauf kümmert. Schließlich ist sie besonders motiviert, die Immobilie zu Geld zu machen und eine Zwangsversteigerung zu umgehen.

„Übernimmt die Gläubiger-Bank die Vermittlung der Immobilie, ist es für sie ein Win-win-Geschäft“, sagt Schmid. Sie streiche die Maklerprovision ein und bekomme je nach Lösungsweg eventuell eine Vorfälligkeitsentschädigung, weil das Darlehen vorzeitig zurückgezahlt werde.

Die Bank wird versuchen, einen möglichst hohen Verkaufspreis zu erzielen. Das nützt ihr selbst und dem Schuldner.

5. Bei eingeleitetem Zwangsversteigerungsverfahren: Gutachten auf Mängel prüfen

Die Hoffnung stirbt zuletzt, das kann man kaum mehr hören. Doch genau aus diesem Grund fällt es vielen Menschen schwer, ihre Immobilie in einer Notsituation zu verkaufen. Vielleicht ziehe ich das richtige Los, vielleicht stirbt die alte Tante, wenn nicht heute, dann morgen.

Und so vergeht die Zeit, bis die Zwangsversteigerung offiziell eingeleitet wird. Kann ich dann noch irgendetwas tun, um sie zu verhindern?

„Sie können gegen alle Beschlüsse, die das Amtsgericht erlässt, Rechtsmittel einlegen“, sagt Fachanwalt Schmid. „Das bringt Zeit, ist allerdings nur sinnvoll, wenn innerhalb dieser Zeit die finanziellen Schwierigkeiten beseitigt werden und ich mit der Bank eine abschließende Lösung finde“. Aus seiner Erfahrung weiß Schmid: „Lege ich beim Amtsgericht Beschwerde ein, geht es zum Landgericht. Das Landgericht weist Beschwerden in 95 Prozent der Fälle ab.“

Für eine Zwangsversteigerung beauftragt das Gericht bei einem Sachverständigen ein Gutachten zur Wertermittlung. Das Gutachten bestimmt den Verkehrswert der Immobilie für die Versteigerung.

Ist die Zwangsversteigerung beantragt, ist das effektivste Mittel, Geld zu generieren, das Gutachten meiner Immobilie auf Mängel zu prüfen und wenn möglich nachjustieren zu lassen. (Stefan Schmid, Fachanwalt Miet- und WEG-Recht)

Das Gutachten auf Mängel abzuklopfen, rettet mir zwar nicht die Immobilie. Allerdings steigt möglicherweise ihr Verkehrswert. Dann wird sie teurer versteigert, ich kann mit dem Erlös meine Restschuld begleichen und stehe schuldenfrei da.

Wer nicht vom Fach ist, sollte das Gutachten zusammen mit einem Experten ansehen: einem Bauingenieur, Architekten oder spezialisierten Anwalt. Die Leitfrage dabei: Hat der Gutachter tatsächlich alles berücksichtigt, und ist die Immobilie aktuell und marktgerecht bewertet?

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Stefan Schmid führt eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs an, die besagt, dass ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen auch dann richtig ist, wenn es 20 Prozent über oder unter anderen Gutachten liegt. Es gibt also eine Spanne von 40 Prozent, innerhalb der ein Guthaben noch richtig ist. Dennoch rät Schmid, sich davon nicht entmutigen zu lassen, sondern zu prüfen, ob der ermittelte Wert zu niedrig liegt.

Zusammenfassung: Zwangsversteigerung verhindern

Wenn ich einmal in dem Strudel der Zwangsversteigerung drin bin, ist es schwierig, wieder herauszukommen. Und wenn meine Immobilie zwangsversteigert wird, nehme ich unter Umständen nicht ausreichend Geld ein, um meine Restschuld zu begleichen. Dann droht mir zusätzlich eine Privatinsolvenz.

Daher rät der Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Stefan Schmid, falls eine Zwangsversteigerung zu erwarten ist, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, dass man die Immobilie höchstwahrscheinlich verlieren wird. Ein weiterer Hinweis: Frühzeitig das Gespräch mit der Bank suchen.

Gibt es eine realistische Chance, die finanziellen Probleme zu lösen, empfiehlt Schmid, sich für die Lösung einen zeitlichen Rahmen zu setzen und diesen strikt einzuhalten. Verstreicht diese Zeitspanne ergebnislos, steht der freihändige Verkauf der Immobilie an.

Wer selbst ohne Druck verkauft, erzielt einen höheren Verkaufserlös und erspart sich die traumatische Erfahrung einer Zwangsversteigerung des eigenen Zuhauses.

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