BGH Urteil zu Vorkaufsrecht Mieter
Vorkaufsrecht für Mieter ist nachrangig
Welches Vorkaufsrecht geht vor? Der Bundesgerichtshof hat ein wichtiges Urteil gesprochen: Dingliche Vorkaufsrechte von Familienangehörigen schlagen Vorkaufsrechte von Mietern, auch wenn das Mieter-Vorkaufsrecht zuerst entstanden ist.
Mieter bekommen bei der Umwandlung eines Mehrfamilienhauses in Eigentumswohnungen ein Vorkaufsrecht. Sie können bei einem Verkauf der Immobilie ihre Wohnung vorrangig erwerben. Doch: Das Vorkaufsrecht für Mieter ist nicht sicher.
Es gibt Vorkaufsrechte, die dem Vorkaufsrecht für Mieter vorgehen.
Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 27.09.2024 – Az.: V ZR 48/23 ) hat im September 2024 über einen Fall geurteilt, bei dem es um die Frage der Rangigkeit von Vorkaufsrechten ging. Im dem Urteil zugrunde liegenden Fall ging es um die Frage, ob das dingliche Vorkaufsrecht dem gesetzlichen Vorkaufsrecht vorgehe.

Familienangehörige vor Mieter: Das dingliche Vorkaufsrecht schlägt das Vorkaufsrecht der Mieter – auch wenn es später begründet wurde.
Im Ergebnis wurde festgestellt, dass ein dingliches Vorkaufsrecht, das zugunsten eines Familienangehörigen bestellt wurde, dem gesetzlichen Vorkaufsrecht eines Mieters vorgeht. Dies gilt nach dem BGH auch dann, wenn das dingliche Vorkaufsrecht erst nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter eingetragen wurde.
Zudem stellte der BGH klar, dass geschiedene Ehegatten weiterhin als Familienangehörige im Sinne des § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB gelten.
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Einordnung “Vorkaufsrecht”
Gesetzliche Vorkaufsrechte
Zu letzteren zählen beispielsweise das Vorkaufsrecht des Mieters von Wohnraum (§ 577 BGB) oder das Vorkaufsrecht betreffend den Verkauf eines Verkaufs eines Erbteils durch Miterben in der Erbengemeinschaft (§ 2034 BGB).

Vorkaufsrechte können gesetzlich vorgegeben sein. Oder sie werden schuldrechtlich oder mit Eintragung in das Grundbuch – also dinglich – begründet.
Aber auch im kommunalen Rechtsraum gibt es das gesetzliche Vorkaufsrecht: Um städtebauliche Ziele verwirklichen zu können, räumt das BauGB Kommunen ebenfalls ein gesetzliches Vorkaufsrecht ein. Mit Blick auf das gesetzliche Vorkaufsrecht des Mieters und damit den vom BGH zu entscheidenden Fall regelt § 577 I S. 1 BGB, dass der Mieter vermieteter Wohnräume, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist oder begründet werden soll, zum Vorkauf berechtigt sein soll, wenn die Wohnräume an einen Dritten verkauft werden sollen.
Satz 2 des § 577 BGB schränkt dabei wie folgt ein:
Satz 2 des § 577 BGB: Dies gilt nicht, wenn der Vermieter die Wohnräume an einen Familienangehörigen oder an einen Angehörigen seines Haushalts verkauft.
Vertragliches Vorkaufsrecht
Vereinbaren zwei (oder mehrere) Parteien vertraglich miteinander, dass einer im Falle eines Verkaufs einer Sache oder einer Immobilie ein Vorkaufsrecht haben soll, so unterscheidet man die reine schuldrechtliche Vereinbarung der Parteien vom dinglichen Vorkaufsrecht, das im Grundbuch eingetragen wird und deshalb auch nur für Grundstücke relevant ist.
Das dingliche Vorkaufsrecht
Durch die Eintragung im Grundbuch wird aus der bilateralen Vereinbarung der Vertragsparteien, die sich das Vorkaufsrecht einräumen lassen, eine gegenüber jedermann wirkende Erklärung. Die Regelung des § 1094 BGB gibt dabei vor, dass ein Grundstück in der Weise belastet werden kann, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, dem Eigentümer gegenüber zum Vorkauf berechtigt ist. (Wortlaut der Norm)
Juristisch begründet wird das dingliche Vorkaufsrecht durch Einigung und Eintragung ins Grundbuch und ist mit Eintragung aufgrund des Öffentlichkeitsgrundsatzes des Grundbuchs auch für jedermann sichtbar. Dementsprechend wirkt es auch gegenüber jedermann und ist- juristisch bezeichnet- ein sog. absolutes Recht, wirkt also nicht nur unter den Parteien, sondern lastet am Grundstück und wirkt damit gegenüber jedem, der mit dem Grundstück zu tun hat, also auch etwa gegenüber einem potentiellen Käufer, der sich für den Erwerb des Grundstücks interessiert.
Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht
Die gesetzliche Regelung zum schuldrechtlich vereinbarten Vorkaufsrecht ist in den §§ 463 ff BGB zu finden. Anders als das dingliche Vorkaufsrecht wird es durch den zwischen den Parteien abgeschlossenen schuldrechtlichen Vertrag begründet und gerade nicht ins Grundbuch eingetragen. Es wirkt also nur “relativ” und nicht wie das dingliche Vorkaufsrecht gegenüber jedermann. Mangels Eintragung im Grundbuch kann ein Dritter, wenn er nicht über das Bestehen des Vorkaufsrechts informiert wird, dieses unbewusst ignorieren.
Fazit zum dinglichen und schuldrechtlichen Vorkaufsrecht
Das dingliche Vorkaufsrecht bietet durch seine absolute Wirkung einen stärkeren Schutz für den Berechtigten, da es auch gegenüber Dritten wirkt.
Vorkaufsrecht für Mieter – die Einordnung im BGH- Fall
Der vom BGH zu beurteilende Sachverhalt gestaltete sich wie folgt:
Sachverhalt
Die Klägerin (Ex-Frau) und der Beklagte (Ex- Mann) waren geschiedene Eheleute, die ihr gemeinsames Haus in Wohnungseigentum aufteilten und sich gegenseitig dingliche Vorkaufsrechte bestellten. Der Beklagte verkaufte später eine der Wohnungen an einen Dritten, wobei der Mieter dieser Wohnung sein gesetzliches Vorkaufsrecht ausübte und als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wurde. Die Klägerin, die ihr dingliches Vorkaufsrecht geltend machte, verlangte indes die Übereignung der Wohnung aufgrund des von ihr behaupteten Vorrangs ihres dinglichen Vorkaufsrechts.
Entscheidung:
In seiner Entscheidung urteilte der BGH zugunsten der Klägerin. Er stellte fest, dass das zugunsten der Klägerin bestellte dingliche Vorkaufsrecht dem gesetzlichen Vorkaufsrecht des Mieters vorgehe, da es sich um ein Vorkaufsrecht zugunsten eines Familienangehörigen handelt.
Besonders interessant: Dies gilt auch, wenn das dingliche Vorkaufsrecht nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter bestellt wurde, sprich, das Vorkaufsrecht des Mieters zeitlich vorher bereits bestand.
In dem Urteil stellte der BGH auch heraus, dass geschiedene Ehegatten auch nach einer Scheidung weiterhin als Familienangehörige im Sinne des § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB anzusehen seien.
Das dingliche Vorkaufsrecht bietet durch seine absolute Wirkung einen stärkeren Schutz für den Berechtigten, da es auch gegenüber Dritten wirkt.
Die Bedeutung des BGH Urteils für Vorkaufsrechte für Mieter
Dieses Urteil stärkt die Position von Familienangehörigen, die ein dingliches Vorkaufsrecht für sich im Grundbuch haben eintragen lassen und klärt, dass geschiedene Ehegatten weiterhin als Familienangehörige gelten. Es verdeutlicht zudem den Vorrang von dinglichen Vorkaufsrechten vor dem gesetzlichen Vorkaufsrecht für Mieter, was insbesondere bei Immobilienverkäufen und damit auch der innerfamiliären Immobilienverrentung oder Immobilienübertragungen innerhalb der Familie relevant ist.
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