Vollfinanzierung
Baufinanzierung ohne Eigenkapital: Ist das möglich – und wie teuer ist das?
Keine Ersparnisse und dennoch ein Eigenheim - das ist nicht unmöglich, aber birgt Risiken. IMMO.info zeigt Ihnen, mit welchem Zinsaufschlag Sie rechnen müssen und warum Sie vorhandenes Eigenkapital in die Finanzierung einbringen sollten.
Das Wichtigste in Kürze
- Es gibt zwei Arten der Baufinanzierung ohne Eigenkapital: Die 100-Prozent-Finanzierung, bei der Immobilienkäufer die Kaufnebenkosten aus Eigenmitteln begleichen, und die 110-Prozent-Finanzierung. Bei dieser werden auch die Nebenkosten kreditfinanziert.
- Während manche Banken 100-Prozent-Finanzierungen anbieten, sind 110-Prozent-Finanzierungen selten.
- Der Zinsaufschlag für 100- oder 110-Prozent-Finanzierungen liegt im Vergleich zu einem Standardkredit bei 0,5 Prozentpunkten und mehr.
- Ist eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital sinnvoll? Manche Experten sehen eine Vollfinanzierung kritisch. Wer über Ersparnisse verfüge, solle diese immer in eine Immobilienfinanzierung einbringen. Die Darlehenszinsen seien in der Regel höher als die Zinsen von sehr sicheren Geldanlagen, etwa Bankeinlagen oder deutsche Staatsanleihen.
Was ist eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital?
Immobilienerwerber leihen sich bei einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital den vollen Kaufpreis der Immobilie bei einer Bank (auch 100-Prozent-Finanzierung genannt).
Manchmal leihen die Banken sogar das Geld für die Nebenkosten, also für das Grundbuch, den Notar, die Grunderwerbsteuer und einen etwaigen Makler. Diese belaufen sich je nach Bundesland auf 10 bis 15 Prozent des Kaufpreises. Ein solches Immobiliendarlehen wird auch 110-Prozent-Finanzierung genannt.
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Bieten viele Banken eine Vollfinanzierung an?
Bei 100- und 110-Prozent-Finanzierungen ist das Angebot kleiner. “110-Prozent-Finanzierungen lassen sich mit nur sehr wenigen Banken und in der Regel nur für selbstgenutzte Immobilien realisieren”, erklärt eine Sprecherin von Interhyp. Bei 100-Prozent-Finanzierungen sei die Auswahl größer, aber kleiner als bei 80- oder 90-Prozent-Finanzierungen.
Dennoch sind 110-Prozent-Finanzierungen nicht unerreichbar. Zwei Redakteure der Wirtschaftswoche probierten es im Sommer 2024 bei einer Genossenschaftsbank und einem großen Kreditvermittler – einmal mit einem geringen und einmal mit einem hohen Haushaltseinkommen, aber jeweils ohne nennenswerte Ersparnisse. “Es war zu leicht, um wahr zu sein”, berichten sie über ihr Experiment.
Beim Kreditvermittler Hüttig & Rompf waren im laufenden Jahr 3,6 Prozent aller abgeschlossenen Finanzierungen 110-Prozent-Finanzierungen, erklärt ein Sprecher im August 2024. Im Jahr 2023 seien es 3,9 Prozent gewesen.
Wie hoch ist der Zinsaufschlag bei einer Vollfinanzierung?
Laut Kreditvermittlern ist eine Vollfinanzierung rasch um 0,5 Prozentpunkte teurer als ein Standardkredit. “Wir beobachten in 2024 für 110-Prozent-Finanzierungen einen Zins von 3,95 Prozent, für 80-Prozent-Finanzierungen sind es 3,49 Prozent”, erklärt ein Sprecher des Kreditvermittlers Hüttig & Rompf.
Laut Interhyp können die Unterschiede aber auch höher ausfallen. Etwa gab es im Sommer 2024 Angebote für 90-Prozent-Finanzierungen mit zehnjähriger Zinsbindung von rund 3,4 Prozent, wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilt.
Bei 100-Prozent-Finanzierungen liegt der Sollzins bei 4,0 Prozent und bei 110-Prozent-Finanzierungen bei 4,15 Prozent – je nach Angebot. Die monatliche Tilgungsrate ist um mindestens 250 Euro höher.
Angebote für Baufinanzierungen ohne Eigenkapital von überregionalen Banken (August 2024)*
Tilgungsrate von 2 Prozent, Kaufpreis von 300.000 Euro (ohne Nebenkosten):
Zinsbindung | 90%-Finanzierung | 100%-Finanzierung | 112%-Finanzierung |
---|---|---|---|
10 Jahre |
|
| Bank 4: 4,15% (1723€) |
15 Jahre |
|
| Bank 4: 4,28% (1760€) |
20 Jahre |
|
| Bank 4: 4,31% (1768€) |
Welche Faktoren beeinflussen den Kreditzins einer 110-Prozent-Finanzierung?
Bei einer 110-Prozent-Finanzierung spielen nicht bloß die klassischen Faktoren wie die Lage einer Immobilie oder die Finanzsituation des Kreditnehmers eine Rolle.
Manche Banken würden grundsätzlich höhere Anforderungen stellen, erklärt eine Interhyp-Sprecherin. Etwa könnten Banken eine Tilgungsrate von mindestens 2,5 bis 3 Prozent verlangen oder ein höheres Gehalt. Zudem spiele die Erfahrung des Kunden mit Immobilien eine Rolle.
Ein weiterer Faktor seien die Kaufnebenkosten, die je nach Maklercourtage und je nach Höhe der Grunderwerbsteuer in einem Bundesland unterschiedlich ausfallen.
Ist eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital sinnvoll?
Der Baufinanzierungsberater Dirk Scobel von der Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) rät von einer 100- oder 110-Prozent-Finanzierung ab. “Eine Vollfinanzierung ist teurer als ein Baukredit mit Eigenkapital”, erklärt er im Gespräch mit IMMO.info.
Bei der Anschlussfinanzierung bestehe ein Zinsänderungsrisiko. “Nach zehn Jahren hat man womöglich gerade erst die Nebenkosten getilgt und muss den vollen Kaufpreis anschlussfinanzieren. Wenn dann die Zinsen um einen oder zwei Prozentpunkte höher stehen, wird das teuer”, erklärt Scobel.
Schlimmstenfalls drohe eine Überschuldung und die Zwangsversteigerung einer Immobilie. Laut Scobel sollte man daher Eigenkapital immer in eine Immobilienfinanzierung einbringen. “Die Baudarlehenszinsen sind in der Regel immer höher als relativ sichere Sparzinsen, etwa von Bankeinlagen innerhalb der gesetzlichen Einlagensicherung oder Renditen von deutschen Staatsanleihen”, erklärt Scobel.
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Ausdruck: 21.11.2024
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