Umkehrhypothek
Umkehrhypothek: Mehr Rente dank Wohneigentum
Einen Kredit auf die schuldenfreie Immobilie erhalten, Zinszahlungen sowie Tilgung stunden und in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben – die Umkehrhypothek hört sich nach einer Win-win-Situation für ältere Immobilieneigentümer und Banken an. IMMO.info erklärt, wie diese spezielle Form der Immobilienverrentung funktioniert und warum sie sich bisher in Deutschland nicht durchsetzen konnte.
Raus aus dem geliebten Zuhause, das man mit viel Herzblut gestaltet und jahrzehntelang abbezahlt hat. Für viele Senioren ein Schreckensszenario, das sie unbedingt verhindern möchten. Doch nicht jede Rente reicht aus, um ein Haus zu halten.
An diesem Punkt setzen die unterschiedlichen Angebote zur Immobilienverrentung an. Im Eigenheim gebundenes Kapital kann in eine Rente umgewandelt werden. Zielgruppe sind Senioren mit Wohneigentum, aber knapp bei Kasse. Oder Senioren, die die hohen Immobilienwerte zu Geld machen wollen.
Was ist eine Umkehrhypothek?
Eine Umkehrhypothek ist ein Darlehen, mit dem Eigentümer ihre Immobilie beleihen. Es findet kein Eigentümerwechsel statt. Abgesichert durch eine Grundschuld zahlt der Kreditgeber, in der Regel eine Bank, einen einmaligen Betrag oder eine monatliche Rente aus, die befristet oder bis ans Lebensende läuft. „Eat your brick“ (Mach deine Ziegelsteine zu Bargeld) sagen die Amerikaner zu dieser Immobilienverrentung. Sowohl Zinsen als auch die Rückzahlung des Darlehens fallen in den USA erst dann an, wenn der (letzte) Eigentümer stirbt, auszieht oder die Immobilie verkauft.
Meist bleibt die Rückzahlung des Kredits an den Erben hängen, die entweder die Schulden tilgen und das Haus halten oder das Objekt verkaufen. Falls die Bank selbst die Immobilie verkauft, muss sie einen möglichen Überschuss aus dem Verkaufserlös an die Erben auszahlen.
Die Höhe der steuerfreien Rente oder Einmalzahlung, die der Immobilieneigentümer erhält, hängt vom Wert der Immobilie und vom aktuellen Zinssatz ab.
Während sich bei einem gängigen Immobilienkredit die Schuldenlast inklusive Zinsen von Jahr zu Jahr abbaut, steigt sie bei der Umkehrhypothek, auch Rückwärtshypothek genannt, von Jahr zu Jahr an.
In Deutschland ist die Art der Umkehrhypothek, bei der ein Leben lang Rente ausgezahlt wird, selten zu finden. Üblicher ist der einmalige Betrag; falls eine Rente gezahlt wird, steht die Auszahlungsdauer meist von vorneherein fest. Auch gibt es Modelle, bei denen zwar der Kredit erst nach dem Tod des Kreditnehmers getilgt wird, die Zinsen jedoch sofort zu bedienen sind.
Mit der klassischen Umkehrhypothek aus den USA haben deutsche Sonderformen manchmal nur wenig zu tun; es liegt an den Kunden, genau zu prüfen, was Kreditgeber anbieten.
Vorteile und Nachteile der Umkehrhypothek
Vorteile der Umkehrhypothek
Haus oder Wohnungsbesitzer können bis an ihr Lebensende in den eigenen vier Wänden wohnen und bekommen zu Lebzeiten Geld für ihre Immobilie, entweder als Einmalzahlung oder als Rente. So lange die Eigentümer in ihrem Objekt wohnen, müssen sie weder Zinsen zahlen noch den Kredit tilgen.
- „Die Umkehrhypothek ermöglicht Planungssicherheit, da alle wichtigen Faktoren – zum Beispiel Höhe der Rente/Einmalzahlung, Zinssatz, Laufzeit – im Voraus festgelegt werden. Ein Verkauf der Immobilie, zum Beispiel im Pflegefall, ist in den meisten Fällen möglich. Aus dem Verkaufserlös wird dann das Darlehen getilgt“, so die Verbraucherzentrale Hamburg.
- Gerade für Immobilieneigentümer, denen im Rentenalter wenig Geld zur Verfügung steht, weil alle Ersparnisse ein Leben lang in ihr Haus oder ihre Wohnung flossen, könne daher die Umkehrhypothek die richtige Finanzierungsform sein.
Tipps zur Kreditgenehmigung
Immobilienfinanzierung für Rentner, Selbständige und Unternehmer
- Mit Rentenzahlungen im Rahmen der Umkehrhypothek, hat der Rentner einen positiven Cash-Flow, er bekommt Geld zur freien Verfügung und hält sein Wohneigentum.
Es gibt weitere Kreditprodukte, die die laufende Belastung für Senioren niedrig halten. Zum Beispiel bietet die Allianz Baufinanzierung mit dem Produkt BestAger einen Immobilienkredit für Senioren an, der während der Laufzeit nicht getilgt werden muss.
Außerdem verbreiten sich alternative Produkte, zum Beispiel die Leibrente, der Verkauf mit Nießbrauch oder der Teilverkauf, die ohne eine Kreditprüfung auskommen. Allerdings sind diese mit einem Eigentümerwechsel verbunden.
Nachteile der Umkehrhypothek
- Nicht für jeden Immobilieneigentümer geeignet: Nur wer eine gut erhaltene, (nahezu) schuldenfreie Immobilie in einer guten Lage besitzt, kann von der Umkehrhypothek profitieren und eine nennenswerte Zusatzrente erzielen. Häuser in wenig gefragten Lagen oder mit Renovierungsbedarf bringen kaum etwas ein oder die Banken akzeptieren diese nicht als Sicherheit. In der Regel geht es um eine Aufstockung der Rente um wenige Hundert Euro.
- Teures Produkt: Auch diesen überschaubaren Betrag lassen sich die Finanzierer teuer bezahlen. „Dies betrifft sowohl den Zinssatz für das Darlehen als auch die anfallenden Gebühren. Hier sind zum Beispiel die Abschlussgebühr und die Rückversicherung der Bank gegen das Risiko eines langen Lebens zu nennen – wenn der Eigentümer also länger lebt als statistisch berechnet“, erklären die Verbraucherschützer aus Hamburg. Auch die Kosten für Gutachter, Notar und Grundschuldbestellung trägt der Kreditnehmer.
- Geringer Auszahlungsbetrag: Zu all diesen Kosten kommt hinzu, dass die Kreditgeber anstelle des realistischen Marktwertes der Immobilie einen geringeren Betrag festsetzen. Sie schützen sich damit vor dem Risiko, dass sie die Immobilie später weniger profitabel verkaufen als erwartet. Für die Umkehrhypothek dient ausschließlich die Immobilie als Sicherheit. Falls die Geldgeber ihr Darlehen über den Verkauf der Immobilie nicht hereinholen, machen sie ein Verlustgeschäft. Das Zusammenspiel von Zinsrisiko, unbekannter Lebensdauer des Eigentümers, Nebenkosten und unbekannter Marktsituation zum späteren Verkaufszeitpunkt senkt die Auszahlungssumme deutlich unter den Verkehrswert der Immobilie.
- Zulasten der Erben: Im schlechtesten Fall verlieren die Erben nach dem Tod des Eigentümers die gesamte Immobilie an die Bank, doch selbst wenn sie die Schulden begleichen und die Immobilie behalten, ist die Erbmasse um die Darlehenssumme sowie Zinsen und Gebühren deutlich verringert.
Vorteile | Nachteile |
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Wie viel Geld kann ich aus meiner Immobilie mit der Umkehrhypothek herausholen?
Die Berechnung der Umkehrhypothek ist kompliziert, da viele Faktoren und einige Schätzwerte einfließen. Grundsätzlich lässt sich sagen: Je älter der Kreditnehmer und je höher der Verkehrswert der Immobilie, umso höher der Auszahlungsbetrag.
Jede Umkehrhypothek wird individuell kalkuliert. Eine hohe Beleihung ist allerdings nicht üblich, selbst wenn einige Banken angeben, Darlehen bis zu einer Höhe von maximal 50 Prozent des Verkehrswertes einer Immobilie zu gewähren. Während ein 65-Jähriger vielleicht ein Darlehen über nur 15 Prozent des Verkehrswertes seiner Immobilie bekommt, kann ein 75-Jähriger mehr als 25 Prozent erhalten.
Für eine Immobilie, die sich auf dem freien Markt für etwa 400.000 Euro verkaufen ließe, könnte die Auszahlung demzufolge etwa 100.000 Euro betragen. Diese Summe muss je nach Gebühren, Laufzeit und Zinsen doppelt bis dreifach an die Bank zurückgezahlt werden.
Warum die Umkehrhypothek hierzulande ein Nischenprodukt ist
„Obwohl Umkehrhypotheken ausdrücklich von den strengeren Vorgaben der seit 2016 geltenden Wohnimmobilienkreditrichtlinie ausgenommen wurden und zudem ein großer Bedarf besteht, gibt es praktisch keine Anbieter für diese Produkte mehr“, schreibt die Verbraucherzentrale Hamburg.
Nur mit viel Glück ließe sich bei regionalen Banken oder Spezialanbietern ein passendes Angebot finden. Hier sei die Politik gefordert, den Markt wiederzubeleben.
Solange die Umkehrhypothek weitgehend unbekannt ist, bleibt die Nachfrage gering. Solange es wenig Nachfrage gibt, gibt es wenige Angebote, und diese wenigen sind teuer. Nur auf einem Markt mit zahlreichen Wettbewerbern, deren Produkte verglichen werden können, sind kostengünstige Angebote möglich.
Die Umkehrhypothek ist ein Modell, das Kreditinstituten vorbehalten bleibt. Alternative Produkte außerhalb der Bankenwelt können deutlich flexibler auf die Bedürfnisse der Senioren eingehen.
Der Finanzdienstleister Immokasse, der sich auf Umkehrhypotheken und Darlehen für Senioren spezialisiert hatte, meldete 2013 Insolvenz an. Es gab nicht genug Nachfrage nach seinen Produkten. Das 2007 gegründete Unternehmen aus Oberhaching bei München war bis zur Insolvenz ein führender überregionaler Anbieter für Umkehrhypotheken.
Auch der zweite überregionale Anbieter, die R+V Versicherung , nahm die 2011 eingeführte Umkehrhypothek, die unter dem Namen ImmobilienRente firmierte, wieder aus dem Programm.
Es bleiben lokale Anbieter, etwa VR Banken und Sparkassen, sowie Finanzdienstleister, deren Seriosität im Einzelfall genau geprüft werden sollte.
Fazit – Für wen eignet sich die Umkehrhypothek?
Die Umkehrhypothek ist eine teure Form der Immobilienverrentung. Sie kommt für Senioren infrage, die eine abbezahlte Immobilie besitzen und für die schon eine kleine Aufbesserung der Rente bedeutend ist. Da sie die Erbmasse signifikant verringert, eignet sie sich für Menschen ohne oder mit finanziell gut versorgten Erben.
Wer sein Haus auf dem freien Markt verkauft, den Erlös anlegt und eine kleinere Wohnung mietet, macht finanziell ein besseres Geschäft. Doch wenn ein Umzug ausgeschlossen wird und die Rendite nicht an erster Stelle steht, ist die Umkehrhypothek eine Möglichkeit, gebundenes Kapital flüssig zu machen. Mehr zum Thema Mieten oder Kaufen.
IMMO.info empfiehlt allen Interessenten, verschiedene Angebote unterschiedlicher Formen der Immobilienverrentung einzuholen, genau durchzurechnen und miteinander zu vergleichen. Der Schnell-Check und der ausführliche Immobilienrente-Rechner helfen hierbei.
Alternativen zur Umkehrhypothek
Leibrente
Bei der Immobilienrente findet im Gegensatz zur Umkehrhypothek ein Eigentümerwechsel statt. Der Eigentümer verkauft seine Wohnung oder sein Haus gegen ein lebenslanges Wohnrecht zuzüglich einer lebenslangen Rente ( Leibrente) oder gegen zeitlich befristete Rentenzahlungen ( Zeitrente oder abgekürzte Leibrente). Für die Betriebskosten muss der Bewohner weiterhin aufkommen, für die Instandhaltung der neue Eigentümer. Wohnrecht und Leibrente werden an erster Stelle im Grundbuch abgesichert. Wird der ehemalige Eigentümer der Immobilie überdurchschnittlich alt, bekommt er vom neuen Eigentümer mehr Geld, als die Immobilie eigentlich wert ist, und der Käufer macht Verlust. Dagegen macht der Käufer umso mehr Gewinn, je früher der Bezieher der Leibrente stirbt. So lässt sich die Leibrente mit einer Wette auf den Tod vergleichen.
Eigene Ratgeber beleuchtet das Thema Immobilienrente und Leibrente gründlich von allen Seiten:
Überblick Immobilienrente
Immobilienrente: Überblick zu Wohnrecht, Anbietern und Berechnungen
Immobilien-Leibrente
Leibrente: Vorteile, Nachteile und Erfahrungen
Teilverkauf
Beim Teilverkauf veräußert der Eigentümer maximal 50 bis 60 Prozent seiner Immobilie und erhält dafür den Kaufpreis zur freien Verfügung. Für das alleinige Wohnrecht, das im Grundbuch eingetragen wird, zahlt er dem neuen Miteigentümer ein monatliches Wohngeld, das Nutzungsentgelt. Obwohl er nur noch einen Anteil seiner Immobilie besitzt, muss er neben den laufenden Kosten die gesamten Instandhaltungskosten und die gesamte Grundsteuer schultern. Wird die Immobilie komplett verkauft, bekommt der Miteigentümer seinen Anteil zuzüglich einer Gebühr zuzüglich einer vertraglich garantierten Wertsteigerung zurück. Hat diese Wertsteigerung real nicht stattgefunden, muss der ursprüngliche Volleigentümer sie aus eigener Tasche, beziehungsweise mit dem verbleibenden Anteil bezahlen.
Zum Thema Teilverkauf finden Sie auf IMMO.info zahlreiche Beiträge und detaillierte Informationen.
Teilverkauf Haus
Teilverkauf von Haus oder Wohnung: Lohnt sich das?
Verkauf mit Nießbrauch oder Rückanmietung
Eine alternative Möglichkeit zur Umkehrhypothek ist der vollständige Verkauf von Haus oder Wohnung an einen Kapitalanleger als Käufer. Der Verkäufer behält ein Wohnrecht oder Nießbrauchrecht. Der Hausverkauf mit Nießbrauch sollte im Grundbuch abgesichert werden. Anstatt eines Nießbrauchs kann die verkaufte Immobilie mit einem lebenslangen Mietvertrag zurückgemietet werden.
Rückmietverkauf: Lebenslanges Wohnrecht mit Mietvertrag
Rückmietverkauf: Wie funktioniert ein Mietvertrag auf Lebenszeit?
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Ausdruck: 12.09.2024
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