Tiny Houses als alternativer Wohnraum
Wohnungsmangel: Sind Tiny Houses die Lösung?
Bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Manche ziehen deshalb in Mini-Appartements oder bauen ein Tiny House. Die kleinen Häuschen benötigen wenig Platz und sind schnell aufgestellt. Das erkennen auch immer mehr Kommunen, die Flächen für Tiny Houses schaffen. Großer Ratgeber für Tiny Houses.
Was ist ein Tiny House?
Voraussetzungen: Tiny House als dauerhafter Wohnsitz
Um auch in Deutschland als vollwertiges und ganzjährig bewohnbares Domizil zu gelten, muss ein Tiny Houses diese Pflichten erfüllen:
- Ausstattung: Küche, Bad/WC, Wohn- und Schlafbereich
- Anschlüsse: 230-Volt-Strom, Frischwasser, Abwasser
- Befestigung: keine Bodenversiegelung. Das Tiny House muss transportiert werden können, auch wenn es kein Wohnwagen ist.
- Maße: 2,55 – 4 Meter breit, 50 – 12 Meter lang, bis 4 Meter hoch, eine lichte Höhe ab 2,40 Meter je nach
- Fassade und Dachform: individuell bzw. nach Vorgabe der Bau- und Gemeindeordnung
Auch wenn sich Tiny House-Interessierte am liebsten direkt mit dem Bau und der Innenausstattung beschäftigen wollen. Besser ist, sich zunächst einen Stellplatz zu suchen. Je nach Grundstück und Bauordnung entscheidet sich der hierfür geeignete Bau.
Welches Baugrundstück ist für ein Tiny House geeignet?
Dauerhaftes Wohnen in einem Tiny House setzt nach aktueller Rechtslage ein Baugrundstück voraus. Das Grundstück muss in einer erschlossenen Siedlung liegen. Damit ist es an das öffentliche Straßen- und Wegenetz sowie an das Ver- und Entsorgungsnetz angebunden. Außerdem sind hier bereits Wohnhäuser vorgesehen.
Wohnraum schaffen - Sonderregelung für Tiny Houses
Es gibt Kommunen, die bereits Siedlungen für Tiny Houses ermöglichen. So besagt beispielsweise in Baden-Württemberg der Paragraph 56 in der Landesbauordnung, dass experimentelles Bauen möglich ist. Worunter auch Tiny Houses fallen. „Abweichungen von den Vorschriften sind zuzulassen…. Zur praktischen Erprobung neuer Bau- und Wohnformen im Wohnungsbau“ (BauO BW § 56 (2) 4. ).
Möglich ist auch eine Lockerung im Bereich der Nachverdichtung von Grundstücken, die für eine Bebauung mit klassischen Wohnhäusern zu klein sind. Hier können Tiny Houses die Lücken füllen, sofern es die Bauordnung erlaubt.
Die Gemeinde kann zudem Eigentümer von Baulücken darüber informieren, dass neben dem Erbbaurecht, auch eine temporäre Bebauung nach Paragraph 95 BGB möglich ist. Auf diese Weise können zum Beispiel „Enkelgrundstücke“ vorübergehend bewohnbar gemacht werden.
Auch andere Baulücken und Brachflächen können mit Tiny Houses bewohnbar werden, sowie es jüngst beispielsweise die Stadt Karlstein in Bayern ermöglicht hat. Auch die Stadt Bielefeld plant bis zum Sommer eine erste Tiny-House-Siedlung auf einer Brachfläche.
Demnach können Tiny Houses eine Lösung für die Wohnungsnot sein – auch wenn die Häuschen meist nur für ein bis zwei Personen bewohnbar sind.
Ist eine Baugenehmigung für Tiny Houses nötig?
Für das Abstellen des Tiny Houses wird eine Baugenehmigung benötigt. Kommunale Vorgaben wie der Bebauungsplan legen fest, wie sich ein neues Haus in den Ort einfügen soll. Etwa durch die Dachform, Fassadenfarbe, Fensterart oder Mindestgrundfläche. Die Vorgaben muss auch ein Tiny House erfüllen. Denn sobald sie einer ortsfesten Nutzung zugeführt werden, gelten sie als bauliche Anlage. Wird diese zu Wohnzwecken genutzt, muss häufig eine Deckenhöhe von mindestens 2,40 Meter eingehalten werden. Zudem müssen eine Toilette, Dusche und belüftete Kochnische vorhanden sein. Tiny Houses müssen wie normale Häuser die Mindestanforderungen der Bauordnung einhalten. Ausnahmen sind in Tiny-House-Siedlungen möglich, wo die Bäder in zentralen Versorgungshäusern untergebracht sind.
Sobald Besitzer mehr als vier Monate im Jahr im Tiny House wohnen, greift das Gebäudeenergiegesetz. Mit Auflagen zur Gebäudehüllendämmung und Heizung.
Wissenswertes zur energetischen Sanierung
Energetische Sanierung: Was kommt auf Immobilienbesitzer zu?
In manchen Gemeinden sind vereinfachte Genehmigungsverfahren möglich. Dann reicht eine Bauanzeige bei der Baubehörde. Aber auch das kann mit Auflagen verbunden sein. So kann die Behörde zum Beispiel einen Architektenplan, Angaben zur Standsicherheit und zum Wärmeschutz verlangen.
Ohne Baugenehmigung sind meist nur kleine Bauvorhaben bis zehn Quadratmeter Bruttogrundfläche möglich. Eine Ausnahme macht Bayern. Die Bayerische Bauordnung erlaubt Gebäude mit einem Brutto-Rauminhalt bis zu 75 Kubikmeter, umgerechnet etwa 30 Quadratmeter Art.57 Abs.1 Nr.1 Buchst. a) BayBO . Dies gilt allerdings nur für den Innenbereich, also bebaute Siedlungsgebiete.
Tiny-House-Siedlungen in Deutschland
Beispiele für Tiny House Siedlungen in Deutschland:
Tiny-House-Siedlungen in Deutschland | |
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Mehlmeisel, Bayern | Das Tiny House Village im Fichtelgebirge (Oberfranken) ist 2017 die erste Tiny-House-Siedlung in Deutschland gewesen. Mittlerweile wurde im nahgelegenen Hüttstadl eine zweites Dorf mit den Mini-Häusern errichtet. Tiny House Village |
Albgau, Baden-Württemberg | In Ettlingen südöstlich von Karlsruhe entstand 2019 die Tiny-House-Siedlung „Albgau“ auf einem Campingplatz. Tiny Houses Karlsruhe |
Lilleby, Hamburg | Auch in der Nähe von Hamburg ist eine Tiny-House-Dorf entstanden, mitten im Naturpark Lauenburgische Seen im Ort Hollenbek. Im Haupthaus auf dem Areal, einem alten Bahnhofsgebäude, befinden sich zudem Gemeinschaftsräume und WG-Zimmer. Lilleby bei Hamburg |
Ecovillage, Hannover | Auf dem Gelände der Expo-Weltausstellung im Jahr 2000, entsteht ein modernes Wohngebiet für über 800 Menschen. Vorgesehen sind viele Tiny Houses für Privateigentümer. Ecovillage Hannover |
Alternativen: Campingplatz und Sondergebiet für Erholung
Stellplatz im Sondergebiet für Erholung
Wer das Tiny House nur gelegentlich nutzen will, etwa am Wochenende oder in den Ferien, kann nach einem Sondergebiet für die Erholung suchen oder nach einem Gebiet zur Entwicklung der Wohnnutzung. Dort gibt es weniger Auflagen. Der Bau ist zudem häufig verfahrens- oder genehmigungsfrei, wenn die Grundfläche maximal 50 Quadratmeter beträgt. Das Grundstück muss allerdings auch dort erschlossen sein.
Stellplatz auf dem Campingplatz
Tiny House kaufen – die Kosten
Die Kosten für ein Tiny House können je nach Größe, Ausstattung und Materialien, aus denen es gebaut wird, stark variieren. In der Regel sind Tiny Houses wesentlich günstiger als herkömmliche Häuser, da sie weniger Platz und weniger Materialien benötigen.
Ein selbstgebautes Tiny House kostet zwischen 10.000 und 50.000 Euro, je nach Größe und Ausstattung. Professionell gebaute Tiny Houses können je nach Größe, Ausstattung und Materialien zwischen 50.000 und 150.000 Euro oder mehr wert sein. Die Kosten können auch durch den Standort, den Transport und den Aufbau des Tiny Houses beeinflusst werden.
Teuer werden kann die Erschließung eines Baugrundstücks. Stromanschluss, Wasser und Abwasser sind unabdingbar, um ein Tiny House als Wohnalternative nutzen zu können.
Außerdem ist für die meisten Bewohner ein Internetanschluss ein Muss. Je nach Lage kann die Erschließung mehr kosten als das Tiny House an sich. Tiny House Siedlungen haben den Vorteil, dass die Erschließungskosten auf mehrere Eigentümer verteilt wird.
Die Baubranche hat sich auf Minihäuser eingerichtet und bietet vorfabrizierte Module ab Werk an. Sie berät auch beim Transport zum gewählten Standort. Denn für die „Ladung“ wird ein zugelassener Anhänger (Trailer) benötigt, auf dem das Haus verkehrssicher befestigt wird. Nach dem Standortwechsel wird das Tiny House wieder vom Trailer genommen. Das bedeutet je nach Größe und Schwere des Hauses viel Aufwand. Ein Grund, warum Umziehen mit Tiny Houses nicht so leicht ist, wie angenommen.
Bei einem Umzug benötigt man nach aktueller Rechtslage eine Abrissgenehmigung. Hinzu kommen Kosten für den Umbau und die neue Baugenehmigung, da am neuen Standort andere Bauvorschriften gelten können.
Tiny House mieten: Worauf achten?
Wer ein Tiny House mieten will, sollte zuvor mit dem Vermieter besprechen, ob eine temporäre oder ganzjährige Bewohnung möglich ist. Oft kommt für den dauerhaften Wohnsitz nur ein Platz in einer Tiny-House-Siedlung in Frage. Für den Wohnraum gelten die üblichen Rechte und Pflichten des deutschen Mietrechts.
Tipp: Stellen Sie zuvor sicher, dass das Tiny House alle gewohnten Annehmlichkeiten und Einrichtungen bietet, die Sie benötigen – wie zum Beispiel Küche, Bad, Schlafzimmer, Stromversorgung und Heizung.
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